Konterrevolution von links. Das Staats- und Gesellschaftsverständnis der "68er" und dessen Quellen bei Carl Schmitt
Politikwiss. Diss. Würzburg; Gutachter: W. Altgeld. – Der Streit um eine linke Rezeption Carl Schmitts seit dem Weimarer „Linksschmittianismus“ dauert an: Wie viel „Schmitt“ ist in der „68er-Bewegung“ und deren Kritik an der bürgerlich-kapitalistischen, repräsentativen Demokratie? Nach der Kontroverse um die These von Ellen Kennedy zur „Frankfurter Schule“ (1986) sowie Hartmuth Beckers Vergleich der Parlamentarismuskritik von Habermas und Schmitt (1994/2003, siehe ZPol-Nr. 21767)) prüft Landois das Thema anhand des Politikverständnisses von Rudi Dutschke. So erweise sich „68“ nicht als revolutionäres, sondern als ein Ereignis, das in direkter Kontinuität zur Zwischenkriegszeit stehe. Denn „in Dutschke vereinigten sich romantisch-konservative und christlich-anarchistische Motive“ (20) – sozusagen der linke Teil des revolutionären national-bolschewistischen Programms, wie er etwa auch im „konservativen Anarchisten“ Ernst Jünger (Hans-Peter Schwarz 1962) sein rechtes Pendant fand. Dutschkes Freund-Feind-Denken, seine politische Theologie, die von ihm vertretene Konzeption identitärer Demokratie müssen daher in der „Traditionslinie der konservativen Systemkritik Carl Schmitts“ als „christlich verankerte[r] Autoritarismus gedeutet werden“ (247). Dem kann man – soweit die politische Theorie des bierernsten Dutschkes tatsächlich „68“ repräsentiert – auch angesichts der neuerlichen Diskussion um die „politischen Religionen“ (Eric Voegelin) durchaus folgen. Offen bleibt aber z. B. die Frage, wie sich „68“ nicht als bloß romantisches „deutsches“, sondern eben zugleich „weltweites“ Phänomen erklären lässt.