Skip to main content
Klaus Hänsch

Kontinent der Hoffnungen. Mein europäisches Leben

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2010; 265 S.; Ln., 18,- €; ISBN 978-3-8012-0403-7
Erinnerungen zur europäischen Politik sind rar gesät. Wenn die „Herren der Verträge“ – die Staats- und Regierungschefs – nach dem Ausscheiden aus dem Amt ihre Memoiren vorlegen, spielt Europa meistens keine zentrale Rolle. Wer beispielsweise hoffte, in den Erinnerungen Helmut Kohls Neues zu den Krisenzeiten oder den Verhandlungsprozessen der Europäischen Union zu erfahren, wurde eher enttäuscht. Bei Gerhard Schröder sieht die Bilanz noch weniger „europäisch“ aus. Umso erfreulicher ist es, dass mit Klaus Hänsch jetzt ein Politiker seine persönliche Bilanz zur europäischen Integration vorlegt, der bei der Gestaltung seines Erfahrungsberichtes nicht zwischen der Innen- und der Europapolitik wählen muss. Hänsch wurde schon 1979 in das Europäische Parlament gewählt und blieb bis 2009 dessen Mitglied. Von 1994 bis 1997 war er Präsident des Parlaments, außerdem gehörte er dem Präsidium des Verfassungskonventes an. Über die Verträge hatte Hänsch damit nicht zu entscheiden, und doch hat er vor allem in den 90er-Jahren eine wichtige Rolle im EU-Kraftfeld gespielt. Genug Stoff also, um die rasanten Veränderungen, die sich in der EU in diesem Zeitraum vollzogen haben, Revue passieren zu lassen. Für den mit der EU vertrauten Politikwissenschaftler wird manches schon bekannt sein. Hänsch ist auch mutig genug, im Anhang jenen Publizisten und Wissenschaftlern zu danken, deren Werke ihm bei der Rekapitulation der eigenen Erfahrungen geholfen haben. Und doch gelingt es ihm, den Prozess der Integration aus der Perspektive des EU-Parlaments anschaulich und mit manch interessantem Detail zu schildern. Im Vordergrund stehen dabei die Entwicklung des Parlaments auf dem Weg zum nahezu gleichberechtigten Gesetzgeber, die Zeit als Präsident, die Erweiterung und der Verfassungsprozess. Es bleibt zu hoffen, dass dem Beispiel von Hänsch weitere folgen, denn auf Grundlage der kargen Memoirenliteratur lässt sich eine Geschichte der europäischen Einigung (noch) nicht schreiben.
Wilhelm Knelangen (WK)
Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Klaus Hänsch: Kontinent der Hoffnungen. Bonn: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32640-kontinent-der-hoffnungen_38954, veröffentlicht am 09.11.2010. Buch-Nr.: 38954 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken