Skip to main content
Harald Bergbauer (Hrsg.)

Kulturtheoretiker denken den Staat. Der Staat im Werk ausgewählter Kulturdenker des 20. Jahrhunderts

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Staatsverständnisse 56); 251 S.; 29,- €; ISBN 978-3-8487-0385-2
Neben dem Staat existieren heute vielfältige Institutionen und Gemeinschaften, in denen sich politische Auseinandersetzungen entfalten können. Auch sind Staaten nicht mehr die einzig nennenswerten Akteure auf der internationalen Bühne. Gerade weil die Einzigartigkeit des Staates heute zunehmend infrage gestellt wird, lohnt es sich, kulturtheoretischen Begründungen und Deutungen von Staatlichkeit nachzugehen. Genau dies ist das Interesse des von Harald Bergbauer herausgegebenen Sammelbands. Darin werden dreierlei Perspektiven eingenommen: Zunächst wird mit Max Weber, Georg Simmel und Ernst Cassirer „die frühe deutsche Kultursoziologie“ zu ihren Auffassungen befragt. Rainer Schmidt zielt in seiner Studie zu Weber auf eine genuin kultursoziologische Sichtweise, die den Staat als „Spannungsbalance“ (39) zwischen kulturellen Gegensätzen betrachtet (formale Bürokratie/charismatische Herrschaft; Unternehmer/Bürokrat; institutionelle Herrschaft/demokratische Herrschaftsreduzierung) und die Entwicklung von Staaten an die Austragung dieser Spannungen knüpft. Ingeborg Villinger zeigt, dass mit den Kategorien des Mystischen und Symbolischen bei Ernst Cassirer nicht ausgeschöpfte Theoriebestände vorhanden sind, deren systematische Diskussion noch aussteht. Vor dem Hintergrund einer bis heute zu vernehmenden Kritik an Staatlichkeit fallen die Bezüge zur deutschen Kulturkritik auf, an die mit Beiträgen über Oswald Spengler, Arnold Gehlen und Ernst Jünger erinnert wird. Abgerundet wird der Band durch vier Analysen, in denen einige Herausforderungen des Nationalstaates aus der Perspektive so unterschiedlicher Theoretiker wie Samuel Huntington, Immanuel Wallerstein, Pierre Bourdieu und Ulrich Beck beleuchtet werden. Mit Bourdieus Konzept der symbolischen Deutungsmacht begreift beispielsweise Daniel Schulz staatliche Akteure auch gegenwärtig als Träger des Monopols symbolischer Auslegungen. Auch wenn man sich zwischen den Beiträgen des Bandes eine stärkere Diskussion und deutlichere Bezüge zu derzeitigen Debatten gewünscht hätte, bietet der Sammelband einen guten Überblick über die reiche Forschungsaktivität zum Wechselverhältnis von Staat und Kultur.
Hendrik Claas Meyer (HCM)
M. A., Politikwissenschaftler und Soziologe, Universität Bayreuth.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 | 5.46 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Claas Meyer, Rezension zu: Harald Bergbauer (Hrsg.): Kulturtheoretiker denken den Staat. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36181-kulturtheoretiker-denken-den-staat_44377, veröffentlicht am 12.09.2013. Buch-Nr.: 44377 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken