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Vandana Shiva

Leben ohne Erdöl. Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben. Aus dem Englischen von Lotta Suter

Zürich: Rotpunktverlag 2009; 260 S.; brosch., 19,50 €; ISBN 978-3-85869-405-8
Die Physikerin, Philosophin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises hat eine streitbare und eigenwillige Grundsatzschrift vorgelegt. Mit Blick auf drei Krisen, die die Menschheit existenziell bedrohen, fordert sie eine neue Wirtschafts- und Lebensweise. Die Klimakrise gefährde das Überleben der Gattung, die sich abzeichnende Energiekrise werde den Prozess der Industrialisierung und der Globalisierung des Konsums beenden, und schließlich resultiere die Hungerkrise aus den beiden anderen Krisen sowie einem verschärften Nord-Süd-Gefälle. Shiva kritisiert, dass bisherige Lösungsansätze sich auf das kommerzielle und absatzorientierte Energieparadigma konzentriert hätten; dies habe seine Wurzeln jedoch in „einer reduktionistischen und mechanistischen Weltsicht und einer einseitigen Konsumkultur“ (15). Die bisherige Herangehensweise müsse scheitern, insofern lehnt sie auch „Pseudolösungen“ wie den Handel mit CO2-Emissionen ab. Dieser komme einem „Supermarkt der Verschmutzung“ und „einer Einhegung der Allmende gleich“ (35). Im Falle der Atmosphäre werde so schließlich ein öffentliches Allgemeingut privatisiert, schreibt die Autorin. Zudem fördere der CO2-Handel die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen statt die Entwicklung postindustrieller Alternativen voranzutreiben. Der bloße Umstieg auf Atomenergie, Biobrennstoffe und Wasserenergie erhält nach ihrer Ansicht schlicht das falsche System. Eine „Erddemokratie“ (85) sei nötig, mit lokalen, dezentralisierten Strukturen. Doch dann entwirft sie ein Bild, dass dem westlichen Denken tatsächlich höchst fremd sein muss: Der Mensch müsse zurückkehren in „die kreative Arbeit“ (239), die Landwirtschaft und ins Handwerk. Der Mensch sei durch Maschinen nicht befreit, sondern ersetzt worden. Rikschas und Tiere, Esel, Kamele, Yaks oder Lamas bildeten eine „Mobilitätsalternative“ (128) gegenüber dem Auto. Geschwindigkeit werde heute belohnt, obwohl sie „Kulturen, Menschen, Lebensgrundlagen und den Planeten selbst umbringt“ (129).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.45 | 4.44 | 4.43 | 2.2 | 2.26 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Vandana Shiva: Leben ohne Erdöl. Zürich: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31589-leben-ohne-erdoel_37623, veröffentlicht am 26.07.2010. Buch-Nr.: 37623 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken