
Leben ohne Mindestlohn – Arm wegen Arbeit. Niedriglöhner, Leiharbeiter und "Aufstocker" erzählen
„Jeder Mensch soll von seiner Arbeit leben können, und zwar vernünftig“ (139). Dieses Diktum durchzieht den Band, in dem sich die Autoren dem Thema Niedrig- und Dumpinglohn zwar auf deskriptivem Wege, populärwissenschaftlich aber aus unterschiedlichen Perspektiven nähern. Unter einem Niedriglohn sei ein Lohn zu verstehen, der weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns einer Gesellschaft ausmache, schreibt Bsirske. In seiner Einführung in den Band aus Gewerkschaftersicht thematisiert er die überproportionale Betroffenheit von Frauen durch Niedriglöhne sowie das Beispiel der Drogeriehandelskette Schlecker. Des Weiteren werden mittels verschiedener stilistischer Mittel (Interviews, Reportagen, wissenschaftliche Beiträge sowie Meldungen aus dem „Dumpinglohnmelder“ im Internet) viele betroffene Beschäftigungsbereiche behandelt. Dazu gehören die Leih- und Zeitarbeit sowie die Weiterbildung. Die Realität am unteren Rand der Gesellschaft wird ungeschminkt dargestellt. Franz-Josef Möllenberg führt in diese Bereiche ein und schildert die Bedingungen im Bäckerhandwerk sowie in Gaststätten und Schlachtereien, in denen die Beschäftigten zu Löhnen von „teils unter 5 Euro die Stunde“ (47) arbeiteten. Torsten Schulten, Referatsleiter bei der Hans-Böckler-Stiftung, erklärt, „dass die Niedriglohnempfänger von heute die Armutsrentner von morgen sein werden“ (78) und unterfüttert dies mit Daten der Bundesagentur und dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Stiftung (WSI). Daneben kommen Betroffene selbst zu Wort, die ihre aktuelle oder ehemalige Arbeitssituation unter dem Lohnaspekt schildern. Insgesamt wird immer wieder Bezug zur nahezu absolut gesetzten Notwendigkeit eines gesetzlichen Mindestlohns hergestellt – während der Hartz IV-Verhandlungen 2004 haben die Herausgeberinstitutionen (die „Initiative Mindestlohn“ setzt sich aus Ver.di und der NGG zusammen) noch gegen den Mindestlohn gekämpft.