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Klaudia Hanisch

Links in Polen. Krytyka Polityczna und die Tradition der osteuropäischen Intelligenz

Stuttgart: ibidem-Verlag 2013 (Göttinger junge Forschung 13); 205 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-8382-0433-8
Magisterarbeit Göttingen. – Im Jahr 2002 gründeten einige Studierende der Universität Warschau die Zeitschrift „Krytyka Polityczna“ (Politische Kritik), um die in ihren Augen verschüttete Tradition der intellektuell‑politischen Debatte in Polen wiederzubeleben. Treibender Kopf und Chefredakteur der Zeitschrift ist S?awomir Sierakowski, Absolvent eines „Interdisziplinären Individuellen Humanistischen Studiengangs“. Im Laufe der Jahre erweiterte sich das Tätigkeitsfeld der „Krytyka Polityczna“ um einen Verlag, ein Forschungsinstitut und sogenannte lokale Klubs in den größeren Städten Polens. Aus deutscher Sicht könnte man vielleicht sagen, dass die Bedeutung von „Krytyka Polityczna“ an eine Mischung aus dem „Kursbuch“ der 60er‑ und 70er‑Jahre und der Arbeit der Landesbüros etwa der Friedrich‑Ebert‑Stiftung erinnert. Mittlerweile sind die Zeitschrift und ihr Netzwerk die treibende intellektuelle Kraft der neuen polnischen Linken, die sich von den Postkommunisten des SLD (Bund der demokratischen Linken) und von den national‑katholischen Kräften gleichermaßen abgrenzt. Theoretische Anknüpfungspunkte suchen die Akteure vor allem beim philosophischen Diskurs der Postmoderne und Autoren wie Slavoj Žižek, Judith Butler, Chantal Mouffe oder Bruno Latour, deren Werke auch im hauseigenen Verlag erscheinen. Die Äußerungen und Kommentare beschränken sich dabei aber nicht auf das Gebiet der Philosophie und Kunst, vielmehr machen die Autoren auch mit konkreten politischen Forderungen, etwa zur europäischen Verfassung oder mit ihrer Unterstützung streikender Krankenschwestern, von sich reden. Klaudia Hanisch nimmt „Krytyka Polityczna“ im Kontext theoretischer Überlegungen zur Frage der Rolle der Intelligenz als sozialer Gruppe in den Blick. Als Deutungsmuster dienen ihr dabei die Idee der freischwebenden Intelligenz in der politischen Theorie Karl Mannheims und die große Tradition des Selbstverständnisses der polnischen Intellektuellen. Hauptteil der Studie ist aber eine eingehende ideengeschichtliche Verortung des Netzwerkes von „Krytyka Polityczna“, der äußerst instruktiv und auch formal gut gelungen ist. Insgesamt bietet die Examensarbeit damit einen Wissensstand und einen Einblick in das gegenwärtige politische Denken Polens, den man in deutscher Sprache sonst nicht finden wird.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.61 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Klaudia Hanisch: Links in Polen. Stuttgart: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36579-links-in-polen_44290, veröffentlicht am 09.01.2014. Buch-Nr.: 44290 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken