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Carolin Richter

Lobbyismus und Abgeordnetenbestechung. Legitimität und Grenzen der Einflußnahme von Lobbyisten auf Abgeordnete

Aachen: Shaker Verlag 1997 (Berichte aus der Rechtswissenschaft); 211 S.; 72,- DM; ISBN 3-8265-5606-2
Rechtswiss. Diss. Bremen; Erstgutachter: U. Nelles. - Ist die im Grundgesetz postulierte Unabhängigkeit des Abgeordneten durch die bestehenden rechtlichen Bestimmungen ausreichend geschützt oder sind zusätzlich Vorschriften notwendig? Diese zentrale Fragestellung kennzeichnet den Ansatz von Richter: Nicht demokratie- oder parlamentstheoretische Überlegungen werden hier vertieft. Vielmehr wird von den in verschiedenen Gesetzestexten positivierten Rechtsbestimmungen ausgegangen. Dieser streng juristische Ansatz führt zuweilen zu einem angesichts der politischen Realität überzogen scheinenden Rigorsimus, z. B. wenn die Autorin solche Einflußnahmen als "problematisch" bezeichnet, die "sich direkt auf die Mandatsausübung auswirken und den Abgeordneten an Partikularinteressen zu binden suchen" (26). Dahinter verbirgt sich die in der Staatsrechtslehre immer noch verbreitete Überzeugung, daß Einflußnahmen von "Lobbyisten" auf die Abgeordneten illegal sind. Die vorhandenen Rechtsnormen zur Begrenzung der Macht der Verbände entpuppen sich in der Mehrheit als unscharf definiert, praktisch irrelevant und wirkungslos, weil sie sich leicht umgehen lassen. Zwar wendet sich Richter gegen eine "Idealisierung und Stilisierung des freien Mandats" (115), die in Widerspruch zur Realität stünde. Dennoch sucht sie nach Möglichkeiten zur Begrenzung der Einflußnahme von Lobbyisten, v. a. durch eine erhöhte Transparenz (196 ff.). Sie befürwortet Maßnahmen zur Offenlegung von Kontakten zwischen Abgeordneten und Verbänden, z. B. die Erweiterung der Lobbylisten, durch die der Lobbyist verpflichtet werden sollte, über die Art der von ihm vertretenen Interessen, "über seine Arbeitgeber, sein Entgelt, seine Spesen [...] sowie über Empfänger und Zweck der Ausgaben Auskunft zu geben" (57). - Es bleibt zu vermuten, daß die Lektüre solcher Informationen nicht gerade ergiebig sein dürfte. Inhaltsübersicht: A. Einführung: I. Interessenverbände, Unternehmen und freiberufliche Lobbyisten im Deutschen Bundestag und ihre Strategien der Einflußnahme; II. Ansätze für die weitere Untersuchung. B. Verhaltenssteuerndes Regelungsinstrumentarium für Abgeordnete - geltende Rechtslage: I. Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung, § 108 e StGB; II. Inkompatibilitätsvorschriften auf Bundesebene de lege lata; III. Verhaltensregeln - Offenlegung der Interessen; IV. Registrierung von Verbänden und deren Vertreter. C. Reichweite des § 108 e StGB unter dem Gesichtspunkt der Einflußnahme von Lobbyisten auf Abgeordnete: I. Anwendungsbereich des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung, § 108 e StGB; II. Legitimität und kriminalpolitische Geeignetheit des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung, § 108 e StGB. D. Außerstrafrechtliche Instrumentarien zur Bekämpfung des Phänomens unzulässiger Einflußnahme von Lobbyisten auf Abgeordnete: I. Einführung zusätzlicher Inkompatibilitätsvorschriften auf Bundesebene; II. Einführung von Ausschluß- und Befangenheitsvorschriften auf Bundesebene. E. Forderung zur lex ferenda.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.321 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Carolin Richter: Lobbyismus und Abgeordnetenbestechung. Aachen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/7444-lobbyismus-und-abgeordnetenbestechung_9906, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 9906 Rezension drucken