
Macht die BILD Dir Deine Meinung? Eine theoretisch-empirische Analyse zum Einfluss der Bild-Zeitung auf politische Einstellungen und Verhaltensabsichten im Kontext der Bundestagswahlen 2005
Eigentümlicherweise ignoriert die Politikwissenschaft weitgehend Inhalte der BILD-Zeitung, obwohl ihr gemeinhin ein hoher politischer Einfluss auf ihre Leser unterstellt wird. Petrovic weist nun im Falle der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs 2005 tatsächlich gewisse Einflüsse der BILD-Berichterstattung auf Wahlabsichten nach. Grundlage seiner Analyse sind Daten einer Rolling Cross-Section/Panel-Studie der Uni Duisburg-Essen. Um einen dynamischen Prozess wie die Meinungsbildung nachzeichnen zu können, wurden die rund 3.500 Telefoninterviews nach dem Befragungstag umgruppiert und neu ausgewertet. Als theoretische Basis dienen dem Autor einerseits das Stimulus-Response-Modell und das Modell der limitierenden Effekte aus der Medienwirkungsforschung. Zusätzlich räumt er grundlegenden Arbeiten zum Wahlverhalten viel Platz ein; aktuelle Forschungsarbeiten finden demgegenüber deutlich weniger Erwähnung. Petrovic ergänzt diesen Abschnitt mit einem Kapitel zum damaligen politischen Hintergrund der Wahl. Die zum Teil als überholt geltenden Theorien können – wenig überraschend – die einzelnen Ergebnisse der Untersuchung nicht vollständig erklären, wie der Autor einräumt. Dessen ungeachtet liefert Petrovic eine differenzierte Antwort auf die Frage nach der Meinungsmacht der BILD. So finden sich signifikante negative Wertungen zum damaligen Kanzler Gerhard Schröder, wenn es etwa um die Eigenschaftsdimensionen Problemlösungskompetenz oder Integrität geht. Zugleich steigt die Beurteilungsstärke seiner Rivalin Angela Merkel mit zunehmender Lektüre des Boulevardblattes. Insgesamt nimmt die BILD, wenn auch eher schwach, direkt und indirekt negativen Einfluss auf das Bild der SPD. Relativiert werden diese Ergebnisse allerdings durch die Beschränkung auf die Wahlabsichten, also ohne die tatsächliche Entscheidung einzubeziehen. Zudem bleibt der mögliche Einfluss anderer Massenmedien unberücksichtigt, der die Tendenzen der BILD womöglich verstärkt oder konterkariert.