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Reinhard Bockhofer (Hrsg.)

Mit Petitionen Politik verändern

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1999; 499 S.; brosch., 148,- DM; ISBN 3-7890-6271-5
Das Petitionsrecht, so lautet die grundlegende Annahme des Bandes, stellt eine sinnvolle Ergänzung zur repräsentativen Demokratie dar. Bockhofer, Vorsitzender der Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie, benennt als ein vermeintliches Defizit der repräsentativen Demokratie den Umstand, daß Wahlen für die Entscheidung von Sachfragen keine unmittelbare Bedeutung haben. Für die Berücksichtigung der Ansichten und Anliegen der einzelnen Bürger sei daher die Petition ein geeignetes verfassungspolitisches Instrument, das es jedem einzelnen ermögliche, auf den staatlichen Willensbildungsprozeß Einfluß zu nehmen. Petitionen, so der Herausgeber, können unbürokratische Lösungen und Kompromisse anregen und Grundlage eines lebendigen Dialogs zwischen Repräsentanten und Repräsentierten werden. Allerdings sei das Petitionsrecht im politischen Bewußtsein der deutschen Bevölkerung nur schwach verankert und es fehle an einer Auswertung der Erfahrungen und an einer Reform der Petitionsgesetze (8). Aus diesem Grund hat Bockhofer Beiträge von 43 Autoren, darunter Rechtswissenschaftler, Politikwissenschaftler, Abgeordnete, Petenten und Lehrer, versammelt. Der Band soll eine Bestandsaufnahme zu Hintergrund und Erfahrungen mit dem Petitionsrecht bieten und so auf die Bedeutung und die Möglichkeiten der Petition als Element direkter Demokratie aufmerksam machen. Thematisch wird dabei ein weites Spektrum abgedeckt: Es reicht von ausgewählten Beispielen zur geschichtlichen Entwicklung des Petitionsrechts, eine politik- und rechtswissenschaftliche Einordnung über die parlamentarische Petitionspraxis bis hin zu Überlegungen und Vorschlägen zur Reform des Petitionswesens im politischen Prozeß und in der politischen Bildung. Leider fallen viele Beiträge aber recht knapp aus; meist umfassen sie nur etwa 10 Seiten, häufig deutlich weniger. Eine kritische Einschätzung des Petitionswesens, die neben normativen auch funktionale Aspekte untersucht, kommt ebenfalls zu kurz. Muß der Herausgeber, wenn er beklagt, daß Petitionen im parlamentarischen Entscheidungsprozeß häufig nicht genügend Aufmerksamkeit finden, nicht auch danach fragen, inwiefern wirklich alle Anträge für einen weiteren Bevölkerungskreis relevant sind? Entsprechend der Intention des Herausgebers ist der Sammelband insgesamt aber weniger als eine an einer bestimmten politikwissenschaftlichen Fragestellung ausgerichtete Untersuchung, sondern eher als ein für die Praxis gedachtes und durchaus nützliches Handbuch zum Petitionswesen zu verstehen. Inhaltsübersicht: I. Aus der Geschichte des Petitionsrechts; II. Zur politischen Bedeutung des Petitionsrechts; III. Das Grundrecht auf Petitionen aus rechtlicher Sicht: Thomas Würtenberger / Ralf P. Schenke: Das parlamentarische Petitionswesen im demokratischen Rechtsstaat (97-107); Alfred Rinken: Das Petitionsrecht als Menschenrecht und als Parlamentsrecht (108-118); Dian Schefold: Das Petitionsrecht zwischen Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (1996) (119-128); Dietmar O. Reich: Petitionen an das Europäische Parlament (129-133); Maren Wittzack: Die "Ratspetition" im Gefüge bürgerschaftlicher Mitwirkungsmittel auf kommunaler Ebene (134-144). IV. Parlamentarische Prüfung und Petitionsbericht: Wolfgang Ismayr: Parlamentarische Prüfung von Petitionen (145-156); Erich Röper: Dürfen Petitionsberichte unverständlich sein? (157-162). V. Massenpetitionen und Bürgeranträge: Wolfgang Ismayr: Massenpetitionen und Politisierung (163-168); Thomas Würtenberger: Massenpetitionen zielen auf politische Richtungskontrolle (169-177); Erich Röper: Mitwirkung der Bevölkerung durch Bürgeranträge und Volksinitiativen (178-188). VI. Parlamentarische Petitionspraxis – von innen und von außen; VII. Rechtsschutz bei Verletzungen des Petitionsrechts; VIII. Verantwortungsflucht des Staates durch Privatisierung; IX. Überlegungen, Beispiele, Vorschläge zur Reform des Petitionswesens; X. Das Petitionsrecht im Unterricht; XI. Bürgerinitiative zur Belebung der Petitionskultur; XII. Anhang: Dokumente.
Sven Christian Singhofen (SCS)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaft (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.32 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Sven Christian Singhofen, Rezension zu: Reinhard Bockhofer (Hrsg.): Mit Petitionen Politik verändern Baden-Baden: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11144-mit-petitionen-politik-veraendern_13176, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 13176 Rezension drucken