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Michael Brie (Hrsg.)

Mit Realutopien den Kapitalismus transformieren?

Hamburg: VSA 2015 (Beiträge zur kritischen Transformationsforschung 2); 254 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-89965-648-0
Ausgangspunkt ist die Frage nach den Bedingungen, Möglichkeiten und Chancen einer gesellschaftlich‑emanzipatorischen Transformation. Hierzu enthält der Band Beiträge, die Ansätze eines kritisch‑transformatorischen Denkens in den Blick nehmen, dabei aber auch nach Anknüpfungspunkten im Denken von Marx und Luxemburg suchen. Als theoretische Referenzen bleiben diese Denker weiterhin obligatorisch, wenngleich ein zeitgenössisches Update entlang heutiger Krisenphänomene und Machtlogiken versucht wird. Dies gelingt jedoch nur in Umrissen, ohne dabei konkret eine wegweisende Perspektive für weitere Betrachtungen zu entwickeln. Im Zentrum des Bandes steht der Beitrag von Erik O. Wright, der einen breiten Ansatz eröffnet, „um soziologisch über emanzipatorische Alternativen zu dominanten Institutionen und sozialen Strukturen nachzudenken“ (59). Wesentlich ist dabei der Begriff „Realutopie“ (62 f.), der das Visionäre und Utopische möglicher Alternativen mit einem reflektierten Realismus gegenüber nichtintendierten Nebenfolgen solcher Utopien vereinen möchte. Von diesem Ausgangspunkt aus diskutiert Wright schließlich verschiedene ideelle Parameter aktueller Institutionen, um darüber verschiedene Ansätze von Transformation abzugrenzen und daraus resultierende gesellschaftliche Alternativen zu illustrieren. Eine weitere Stärke des Bandes liegt in der Einbeziehung verschiedener Beiträge zu künstlerisch‑emanzipatorischen Praktiken, die – zum Teil an realen Beispielen illustriert – die abstrakten Überlegungen sinnvoll und interessant ergänzen. Weiterhin werden in kritischer Auseinandersetzung mit Jørgen Randers‘ „2052“ (siehe Buch‑Nr. 42871) und Naomi Kleins „Die Entscheidung“ (siehe Buch‑Nr. 46244) auf erhellende Weise die Eigenheiten einer „marxistischen“ Perspektive herausgearbeitet, zugleich aber auch Versäumnisse und künftige Erfordernisse betont. Im Tenor der Beiträge wird insgesamt deutlich, dass das Nachdenken über gesellschaftliche Transformation und Emanzipation untrennbar mit der Frage nach alternativen Lebensstilen und Lebensweisen verbunden ist. Es wird aber auch deutlich, dass die Frage, wie diese Transformation konsensfähig organisiert werden kann – gerade auch aus kritisch‑marxistischer Perspektive – weiterhin offen ist. Der Sammelband ist als zweiter Beitrag zur kritischen Transformationsforschung der Rosa‑Luxemburg‑Stiftung entstanden.
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Rubrizierung: 2.22.224.45 Empfohlene Zitierweise: Martin Repohl, Rezension zu: Michael Brie (Hrsg.): Mit Realutopien den Kapitalismus transformieren? Hamburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39770-mit-realutopien-den-kapitalismus-transformieren_47398, veröffentlicht am 23.06.2016. Buch-Nr.: 47398 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken