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Hubert Heinelt (Hrsg.)

Modernes Regieren in China

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014; 184 S.; 34,- €; ISBN 978-3-8487-0336-4
Die Frage, „wie in der Volksrepublik China Interessenvermittlung erfolgt“, wird in diesem Band explizit nicht mit dem Ziel thematisiert, „Ansätzen einer Demokratisierung“ (12) nachzuspüren, wie Hubert Heinelt, Professor der Politikfeldanalyse in Darmstadt und Advisory Professor an der Tongji‑Universität in Shanghai, und sein dortiger Kollege Chunrong Zheng betonen – kann doch keine Rede davon sein, dass China eine demokratische Transformation durchlaufen würde. Dennoch zeigen die Beiträge, dass ein genauer Blick auf Partei, Regierung und Verwaltung aufschlussreiche Informationen darüber bietet, wie sich die Diktatur zu modernisieren und damit an der Macht zu halten versucht. Heinelt und Zheng erläutern zunächst als theoretische Basis die Struktur der Interessenvermittlung, in der verschiedene Sektoren unterschieden werden. Bereits der erste Überblick zeigt dann, dass in China neue Akteure die politische Bühne betreten, die Kommunistische Partei aber weiterhin die herausragende Rolle bei der Organisation von Interessenvermittlung spielt und in der Doppelstruktur der Macht mit dem Staat verknüpft bleibt. Falk Hartig und Mai Cheng forschen den neueren Ansätzen der innerparteilichen Demokratie in der KP nach, die „mit 80 Mio. Mitgliedern die größte Partei der Welt ist“ (46) und inzwischen auch Privatunternehmer aufnimmt. Die Möglichkeit interner Wahlen und Abstimmungsprozesse wird als Versuch eingeschätzt, um Korruption, sozialen Unruhen und anderen Problemen im Land zu begegnen. Gunter Schubert beschreibt die Bedeutung der Dorf‑ und Gemeindewahlen (siehe Buch‑Nr. 35625) und auch Anna L. Ahlers wählt die lokale Perspektive als Ausgangspunkt zur Entschlüsselung des Systems. Sie schreibt, was als Tenor des Bandes gelten kann: „Alle vorgestellten Formen meinen Partizipation an der Entscheidungsfindung und ‑ausführung und nicht direkte Mit‑ oder sogar Selbstbestimmung.“ (108) Die KP wolle die Verwaltung effektiver gestalten, schrittweise rechtsstaatliche Verfahren durchsetzen und „existierende Widersprüche nach wissenschaftlich‑praktikablen […] Maßstäben und Methoden“ (97) auflösen. Der letzte Beitrag über die Interessenvermittlung in den Arbeitsbeziehungen kann zugleich als Ausblick gelesen werden. Tobias ten Brink benennt als große Versäumnisse von Partei und Regierung das Ausbleiben einer tiefgreifenden Reform der Gewerkschaften sowie die Aufrechterhaltung des hukou‑Systems, mit dem die Binnenmigration kontrolliert werden soll und das zu großen sozialen Ungerechtigkeiten führt. Die Proteste der jungen Arbeitsmigranten, die deshalb nirgendwo eingebunden sind und nichts zu verlieren haben, tragen seiner Ansicht nach ein „Konflikt‑ und Eskalationspotential“ (180) in sich.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.682.22.212.222.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hubert Heinelt (Hrsg.): Modernes Regieren in China Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37223-modernes-regieren-in-china_45459, veröffentlicht am 26.06.2014. Buch-Nr.: 45459 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken