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Gerd Rosenkranz

Mythen der Atomkraft. Wie uns die Energielobby hinters Licht führt. Hrsg. von der Heinrich Böll-Stiftung

München: oekom verlag 2010 (quer gedacht); 109 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-86581-198-1
Wer Atomkraftbefürwortern in einer Diskussion Paroli bieten will, dem ist die vorherige Lektüre dieses nur vom Format her „kleinen“ Buches zu empfehlen. Der bekannte Umweltjournalist und Naturwissenschaftler Rosenkranz widerlegt darin neun Argumente – er spricht von Mythen –, die von Verfechtern der Atomkraft immer wieder vorgebracht werden. Dass die Atomkraft sicher ist, bestreitet er. In der Tatsache, dass ein Super-GAU niemals ausgeschlossen werden könne, sieht er den „Urgrund des Fundamentalkonflikts um die Atomenergie“ (18). Die Bedrohung von Atomkraftwerken infolge kriegerischer Auseinandersetzungen hält er nicht nur für eine theoretische Überlegung: Im Balkankonflikt „drohte der Atomreaktor im slowenischen Krsko mehrfach zum Ziel bewaffneter Angriffe“ (37) zu werden. Ein fundamentales Problem der Atomtechnologie sei zudem, dass sich ihre zivile und militärische Nutzung nicht vollständig trennen lasse, sodass jedes Land, das die zivile Atomtechnik beherrscht, „über kurz oder lang die Bombe bauen“ (41) könne. Der Begriff des Brennstoffkreislaufs sei eine Täuschung, denn auf der Welt existiere kein einziges genehmigtes oder betriebsbereites Endlager für hoch radioaktive Abfälle. Weder die Ent- noch die Versorgung der weltweit betriebenen 436 Kraftwerke könne als dauerhaft gesichert gelten – ein Ende der Uranbestände sei absehbar. Trägt die Atomkraft zur Rettung des Weltklimas bei? Dieses zentrale Argument der Atomkraftanhänger hält er für falsch, tatsächlich stehe diese Energieform dem nachhaltigen Klimaschutz im Wege. Immer mehr Staaten nutzten die regenerativen Energien, daher wirkten Atomkraftwerke „wie Bremsklötze“ (60) auf dem Weg zu einer umfassenden Lösung des Klimaproblems. Atom- und Ökostromtechnik stünden sich gegenseitig im Weg, es bestehe ein „Systemkonflikt“ (62). Einen Energiemix, wie von den Energiekonzernen angedient, könne es nicht geben. Gegen längere Reaktorlaufzeiten spreche also nicht nur die Gefährlichkeit der Atomkraftwerke, sondern auch die Befürchtung, dass ihr Weiterbetrieb den Umbau des Energiesystems hin zu den erneuerbaren Energien bremsen oder gar stoppen könnte.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.341 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Gerd Rosenkranz: Mythen der Atomkraft. München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32022-mythen-der-atomkraft_38194, veröffentlicht am 11.05.2010. Buch-Nr.: 38194 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken