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Malcolm Sylvers / Brigitte Domurath-Sylvers

Mythen und Kritik in der Ideengeschichte der USA. 25 Porträts

Marburg: Metropolis-Verlag 2014; 395 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-7316-1036-6
Auch wenn zahlreiche Biografien und Einzeldarstellungen zeigen, dass die US‑amerikanische Ideengeschichte im deutschsprachigen Raum Beachtung findet, liegt eine Gesamtdarstellung hierzulande bislang nicht vor. Der nun erschienene Band soll, nach eigenem Anspruch, Abhilfe schaffen. Die Autoren beleuchten anhand von Personen‑Porträts politisches Denken vom 17. bis ins 20. Jahrhundert: von den Toleranzideen Roger Williams’ über die der Verfassungsväter und der (Vor‑)Denker der Gleichberechtigung von Frauen oder Afroamerikanern bis zu Reformgedanken des mittleren 20. Jahrhunderts. Europäische Immigranten, wie Erich Fromm oder Hannah Arendt, werden dabei bewusst außen vor gelassen. Die 25 Essays stellen jeweils eine Mischung aus Biografie, geschichtlichem Kontext und Werk‑Beschreibung dar. Zumeist sind es Akteure des öffentlichen Lebens („public intellectuals“), die ihr politisches Denken in Abhandlungen oder Reden fassen und sich damit in jeweils aktuelle Debatten einbringen; genuin abstrakte politische Theorie sei dagegen eher selten: „Die Vertreterinnen und Vertreter der US‑Ideengeschichte beziehen sich fast immer auf ihre direkte politische Gegenwart, sodass, lässt man ihr Leben und ihre Schriften an sich vorüberziehen, auch ein Panorama der nationalen Geschichte mit ihren Charakteristika entsteht.“ (11) Und in der Tat lässt sich die US‑Geschichte anhand der Porträts nachvollziehen. Der Titel des Buches mag dabei etwas irreführend sein. „Mythen“ meint hier keineswegs Verschwörungstheorien oder Ähnliches. Die Autoren wollen vielmehr das politische Denken zur „Legendenbildung“ – etwa um die reale Existenz von Chancengleichheit – ebenso rekonstruieren wie die Kritik an den jeweils bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie gehen davon aus, „die Besonderheit der nordamerikanischen Ideengeschichte“ liege „gerade in ihrer Ungeradlinigkeit“: „Beinah jedem geschaffenen Geschichtsmythos folgte dessen öffentliche scharfe Kritik auf dem Fuße.“ (12) Als Ergebnis steht keine systematische Gesamtschau, eher eine Summe von Einzelbeispielen, deren Auswahl zwangsläufig subjektiv sein muss. Die Essays sind in ihrem Aufbau nicht immer stringent, bisweilen gar sprunghaft in den Gedankengängen. Zu einzelnen Personen eignet sich das Buch – auch dank der Literaturhinweise – als Einführung, zumal die Sprache auch für interessierte Laien leicht verständlich gehalten ist. Dem Anspruch, „ein anfängliches Interesse vor allem bei Nicht‑Fachleuten wecken“ (15) zu wollen, werden die Autoren so zwar gerecht. Indes: Eine umfassende, systematische Ideengeschichte der USA legen sie damit nicht vor – das Warten geht also weiter.
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.642.235.335.462.15.1 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Malcolm Sylvers / Brigitte Domurath-Sylvers: Mythen und Kritik in der Ideengeschichte der USA. Marburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36917-mythen-und-kritik-in-der-ideengeschichte-der-usa_45283, veröffentlicht am 27.03.2014. Buch-Nr.: 45283 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken