Skip to main content
Susanne Buckley-Zistel / Thomas Kater (Hrsg.)

Nach Krieg, Gewalt und Repression. Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (AFK-Friedensschriften 36); 258 S.; 29,- €; ISBN 978-3-8329-6242-5
Kriegsgebeutelte Menschen schauen gewöhnlich in die Zukunft. Meist bleibt es Juristen und Historikern überlassen, Verbrechen zu ahnden und sich der kulturellen Aufarbeitung vergangenen Unheils zu widmen. Anders verhält es sich bei Kriegstribunalen, Wahrheitskommissionen und praktischer Erinnerungsarbeit (die Gerechtigkeit und Aussöhnung erstrebt), wie die Autoren der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e. V. herausarbeiten. Im Zentrum der Überlegungen steht das Konzept der transitional justice. Den zugrunde liegenden deutschen Begriffen Geschichtsaufarbeitung und Vergangenheitsbewältigung fügt Susanne Buckley-Zistel eine Sentenz von Timothy Garton Ash an: Wenn eine Nation keinen von beiden Begriffen kennt, weiß sie doch um deren Funktion; kennt sie gleich zwei, ist das eine deutsche Spezialität. Nach daran anknüpfenden Beiträgen über den westlichen Balkan (Martina Fischer) und Nordirland (Marcel M. Baumann) wird dann die Frage nach dem Einfluss internationaler Strafgerichte für den posttraumatischen Versöhnungsprozess ausgelotet. Dabei bilanziert Klaus Hoffmann nüchtern: Zwar räumen immer wieder Angeklagte ihre Schuld ein und beziehen öffentlich Stellung, doch reichen die Finanzmittel oft nur für wenige herausragende Verfahren. Zudem nehmen die Medien eine oft (zu) nationalistische Position ein. Sein Urteil dämpft hohe Erwartungen: Strafgerichte sollen Recht sprechen und nicht allgemein über vergangene Konflikte befinden. Die dann folgende inhaltliche Ordnung des Bandes verstört: Nach Beiträgen zur westdeutschen Vergangenheitsbewältigung (Annette Weinke) und zur Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Anne K. Krüger) folgen die Beispiele Ruanda und Uganda (Gerd Hankel bzw. Barbara Meier), ehe Berthold Meyer auf das Ehrenmal für gefallene Bundeswehr-Soldaten zu sprechen kommt. Darauf bezieht sich Annette Nana Heidhues, deren Thema Gedenkstätten in Argentinien im Tableau etwas verlassen wirkt. Die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission (von Rita Schäfer aufgearbeitet) stellt zwar das prominenteste Aufarbeitungsgremium dar, aber das hoffnungsvollste Ergebnis ist aus Ostafrika zu berichten: Dort findet ein Ausgleich zwischen Tätern und Opfern statt, der auch eine „wiederherstellende Gerechtigkeit“ (174) bedeutet.
Sebastian Liebold (LIE)
Dr., Politologe und Zeithistoriker, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.21 | 2.23 | 2.65 | 2.67 | 2.61 | 2.35 | 4.3 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Liebold, Rezension zu: Susanne Buckley-Zistel / Thomas Kater (Hrsg.): Nach Krieg, Gewalt und Repression. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33861-nach-krieg-gewalt-und-repression_40573, veröffentlicht am 25.08.2011. Buch-Nr.: 40573 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken