Nachhaltige Agrarpolitik als reflexive Politik. Plädoyer für einen neuen Diskurs zwischen Politik und Wissenschaft
Die Formen, Kriterien und Erfolgsbedingungen nachhaltiger Landwirtschaft sind umstritten. Die Herausgeber wollen in diese Diskussion mit dem Konzept einer reflexiven Agrarpolitik eingreifen. Dazu analysieren sie divergierende Gesellschafts- und Naturmodelle und deren Prägung der Naturwahrnehmung, damit ein solch neuer Politikansatz diese Differenzen und Lernprozesse produktiv nutzen kann. Die Notwendigkeit dafür liegt nach Ansicht der Verfasser in der weltweiten Pluralisierung der Agrarpolitik durch Globalisierung, Umweltkrise und gesellschaftliche Einflüsse. Diese Entwicklungen führen zu einem Paradigmenwechsel, dem die Autoren anhand von Interviews mit Landwirten nachgehen und diese anschließend einer Diskursanalyse unterziehen. Dabei sind die Vorstellungen von Umwelt, Landnutzung und Einkommen zentral. Interessant für die Politikwissenschaft ist, dass an einem Politikfeld vorgeführt wird, wie neben direkten Sachfragen auch Aspekte politischer Exklusion und soziale Folgen relevant werden. Feindt führt in diesem Kontext in seinem Beitrag aus, dass „Wahrnehmungsdivergenzen, Bewertungsdissense und Verteilungskonflikte in der Agrarpolitik wahrscheinlicher werden“ (17). Die unterschiedlichen Rationalitäten, in denen die Ursache für diese Entwicklung zu sehen ist, untersucht Feindt an anderer Stelle mit Müller am Beispiel einer Akteursbefragung der WTO. Dabei stellen sie fest, dass sich der WTO-Diskurs weitet, „dass das liberale Paradigma mit einer Vielzahl neuer Sichtweisen konfrontiert wird“ und sogenannte „Non-Trade-Concerns (umwelt-, sozial- und geschlechterpolitische Anliegen)“ (22) integriert. Der Band ist ein Ergebnis des Forschungsprojekts „AgChange. Konflikte der Agrarwende“, das von der Bundesregierung ausgerufen und vor allem an der Universität Hamburg erarbeitet wurde.