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Michael Krax

Nationalstaatliche Koordination der europapolitischen Willensbildung

Opladen/Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich 2010 (promotion 3); XIV, 377 S.; kart., 49,90 €; ISBN 978-3-86649-324-7
Diss. FU Berlin. – Wie gut werden die deutschen Interessen in Brüssel und Straßburg durch die Bundesregierung vertreten? Trifft die 2006 erhobene Kritik der Zeitschrift „capital“ zu, die deutsche Europapolitik sei ineffizient? Die Vorwürfe, Deutschland spreche nicht mit einer Stimme, bitte ständig um Aufschub bei Abstimmungen und koordiniere die Europapolitik so mangelhaft, dass es der Bundesrepublik selten gelinge, die deutschen Interessen in der Europäischen Union durchzusetzen, nimmt Krax zum Anlass, sich eingehend den europapolitischen Koordinationsverfahren zu widmen. Um deren Effektivität zu ermitteln, entwickelt er ein Analyseraster und überprüft dieses am Beispiel der EU-Umweltpolitik und der im Werden begriffenen europäischen Innenpolitik im Falle Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Das britische Verfahren überzeuge durch seine Reaktionsgeschwindigkeit und durch klar formulierte Positionen. Die deutsche Positionierung erscheine hingegen oft nicht eindeutig und zu spät. Dennoch sei das deutsche Vorgehen insgesamt „nicht weniger effizient“. Wenn die Bundesregierung Dossiers als wichtig identifiziere, so sei sie durchaus in der Lage, „ihre Präferenzen gut zu vertreten“. Das in anderen Fällen „‚weiche’ Auftreten“ (336) ermögliche zudem Flexibilität bei den Verhandlungen und verschaffe daher sogar Vorteile im europäischen Verfahren. Eine schnelle Entscheidungsfindung, die wesentliche Positionen missachte, sei hingegen keineswegs effizient: Die Probleme würden dann ex post auftreten, die Umsetzung werde schwieriger. Krax’ Ergebnis lautet, dass sich im Drei-Länder-Vergleich keine signifikanten strukturellen Defizite der nationalstaatlichen Koordinationsverfahren zeigten, die die „Durchsetzungsfähigkeit“ von Interessen auf europäischer Ebene gefährdeten, sie seien „funktionsfähig“. Ihr Aufbau sei für die wahrgenommene Ineffizienz „irrelevant“ (332). Tatsächlich handele es sich lediglich um eine „wahrgenommene Schwäche der Leistungsfähigkeit“ (342). Krax wurde für diese Arbeit mit dem alle zwei Jahre ausgeschriebenen Dissertationspreis „promotion“ des Verlages Barbara Budrich ausgezeichnet.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.7 | 3.5 | 2.322 | 2.61 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Michael Krax: Nationalstaatliche Koordination der europapolitischen Willensbildung Opladen/Farmington Hills: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32645-nationalstaatliche-koordination-der-europapolitischen-willensbildung_38967, veröffentlicht am 08.12.2010. Buch-Nr.: 38967 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken