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Ulrich Beck

Neue europäische Architektur und kosmopolitische Nation. Hrsg. von Julian Nida-Rümelin und Wolfgang Thierse mit Peer Steinbrück

Essen: Klartext 2013 (Kultur in der Diskussion 18; Philosophie und Politik XIII); 83 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-8375-1057-7
In diesem Band ist eine Veranstaltung während des Wahlkampfes zum Deutschen Bundestag 2013 dokumentiert. In der Reihe „philosophy meets politics“ lud das Kulturforum der SPD unter seinen beiden Vorsitzenden Wolfgang Thierse und Julian Nida‑Rümelin, die sich beide an der Schlussdiskussion beteiligten, den Soziologen Ulrich Beck zum Vortrag ein. Der SPD‑Kanzlerkandidat Peer Steinbrück antwortete ihm politisch. Trotz dieses parteipolitisch gebundenen Rahmens bietet das Buch – zumindest, was den Vortrag von Beck angeht – mehr als nur die sozialdemokratische Selbstvergewisserung, auf der „richtigen“ Seite zu stehen. Beck verknüpft seine zentralen theoretischen Ansätze, die sich hier unter die Stichworte Kosmopolitismus und Risikogesellschaft fassen lassen, mit der Krise in Europa und lenkt damit schnell den Blick von deren finanzieller Dimension. Als von eigentlicher Bedeutung wird die Krise des Politischen diagnostiziert, die Beck im Rahmen der Theorie der Weltrisikogesellschaft interpretiert. So gelangt er zu der zentralen Fragestellung überhaupt: „Warum eigentlich Europa? Warum nicht gleich die Welt? Was ist der Sinn und Zweck der EU im 21. Jahrhundert?“ (20) Der Sinn Europas lasse sich „aus der Antwort auf die Globalisierung entwickeln“, so Beck weiter. Zu dieser gehöre, dass Europa die Versicherungspolice dagegen sei, „dass die europäischen Nationen im schwarzen Loch der Bedeutungslosigkeit verschwinden“ (21). Zugleich müsse Europa Antworten auf die Weltrisiken suchen und dabei mehr bieten als die alten Nationalstaaten – auch mehr Freiheit. Beck verweist darauf, dass politisch relevante Ereignisse keine territorialen Grenzen mehr kennen und auch im Inneren die Kosmopolitisierung voranschreite (jedes dritte in Deutschland geborene Kind unter fünf Jahren habe mindestens einen Elternteil mit Migrationshintergrund). Vor diesem Hintergrund – der theoretischen wie politischen Herausforderung, die Welt in einem Sowohl‑als‑auch als Ganzes zu denken – verwundert Becks abschließende Kritik an der „national‑instrumentelle[n] Europapolitik“ (31) von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht. Sie orientiere sich nicht am europäischen Gemeinwohl, sondern an der Maxime innenpolitischer Wählbarkeit. Beck aber fordert umgekehrt: „Mehr Willy Brandt wagen“ (17) – und damit mehr Gemeinsinn und Demokratie in Europa.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Ulrich Beck: Neue europäische Architektur und kosmopolitische Nation. Essen: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36670-neue-europaeische-architektur-und-kosmopolitische-nation_44764, veröffentlicht am 30.01.2014. Buch-Nr.: 44764 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken