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Uli Cremer

Neue NATO: die ersten Kriege. Vom Militär- zum Kriegspakt

Hamburg: VSA 2009; 216 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-89965-314-4
Cremer erläutert die Neuorientierung der NATO nach dem Ende des Kalten Krieges und charakterisiert die NATO als einen „Militärpakt, der seine Sicherheit auf Kosten anderer organisiert.“ (16) Eine differenzierte Untersuchung hätte gerade für diejenigen Leser, die der Allianz skeptisch gegenüber stehen, einen Gewinn gebracht. Leider scheitert das Buch an dieser Aufgabe: Die Überzeugung des Autors bestimmt die Quellenauswahl und Argumentation. Cremer sieht die NATO zu Zeiten des Kalten Krieges ausschließlich als Angriffspakt gegenüber der Sowjetunion, das NATO-Engagement während des Bürgerkrieges auf dem Balkan sei der Versuch, Out-of-Area-Einsätze zu legitimieren: „[E]in entscheidendes Motiv für den Einsatz der NATO in Ex-Jugoslawien [war] die Implementierung der NATO als internationale Ordnungsmacht [...].“ (48) So führt Cremer auch die Entscheidung für den Kosovo-Krieg einseitig darauf zurück, dass die Aufgaben der NATO erweitert werden sollten, die Militärhaushalte gesteigert werden konnten, die „US-Hegemonie über die westlichen Mächte“ (52) gefestigt würde und auch die Konflikte mit Russland zunehmen würden. Die Auswahl Serbiens als Ziel wird mit dessen ungenügender Öffnung zur Marktwirtschaft begründet: „[D]ie serbische Elite war so frei, sich selbst bei der Privatisierung zu bedienen. Westliche Unternehmen kamen kaum zum Zuge.“(53) Den Tiefpunkt hat das Buch zweifellos im Kapitel über den Afghanistan-Krieg: Zu Beginn spricht der Autor in Bezug auf Osama Bin Ladens Urheberschaft der Anschläge vom 11. September von einer „offiziellen Verschwörungstheorie“ (74), beruft sich auf die vielfältigen Verschwörungstheorien zu den Anschlägen und ist sich auch nicht zu schade, darüber zu spekulieren, die Flugzeuge könnten ins World Trade Center und Pentagon ferngesteuert worden sein. Mit diesen Ansätzen nimmt er seinem detaillierten – und eigentlich so wichtigen – Buch leider jede Glaubwürdigkeit. Die Lektüre sei nur Lesern empfohlen, die sich in der Materie gut auskennen und zur selbstständigen Bewertung der zahlreichen Quellen in der Lage sind.
Magnus-Sebastian Kutz (MSK)
Dr. phil., Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 4.3 | 4.41 | 3.6 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Magnus-Sebastian Kutz, Rezension zu: Uli Cremer: Neue NATO: die ersten Kriege. Hamburg: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30552-neue-nato-die-ersten-kriege_36278, veröffentlicht am 28.05.2009. Buch-Nr.: 36278 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken