
Obdachlosenhass und Sozialdarwinismus
Lucius Teidelbaum thematisiert die Ausgrenzung und Diskriminierung Obdachloser, die er hauptsächlich auf einen gesellschaftlich verbreiteten Sozialdarwinismus zurückführt. Erschwert wird sein Vorhaben durch die fehlende Datenbasis, welche auch den eher geringen Stellenwert dieser Problematik in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung erklärt. Bezüglich Zahlen und Statistiken stützt Teidelbaum sich hauptsächlich auf Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sowie auf die Ergebnisse der Langzeitstudie „Deutsche Zustände“ (siehe Buch‑Nr. 41818). Bereits in seiner kurzen Einführung zum Begriff Obdachlosigkeit möchte der Autor mit seiner Meinung nach gängigen Klischeebildern aufräumen: „Tatsache ist […], dass die meisten Menschen in Deutschland ihre Wohnungen verlassen müssen, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können, verursacht durch hohe Mieten, Verarmung und Fehlentscheidungen bei Hartz IV.“ (11) Diese Aussage stellt er Vorurteilen – Obdachlosen oder generell Menschen ohne Lohnarbeit würde es einfach an Willenskraft oder Disziplin mangeln – entgegen. An solcher Art von Vorurteilen macht Teidelbaum den Sozialdarwinismus fest, der für ihn „auf dem Arbeitsethos und Leistungsprinzip der bürgerlichen Gesellschaft“ (15) basiert. Zu beobachten sei dieser latent bereits in Mediendarstellungen und öffentlichen Debatten, was seine Manifestierung in Gewalt begünstige. Die detaillierte Darstellung der Ausgrenzungserfahrungen von Obdachlosen verdeutlicht, weshalb sie leicht zu Opfern von Gewalttaten werden. Teidelbaum beklagt dabei, dass die Motive für gewalttätige Übergriffe gegen Obdachlose oftmals nicht ausreichend beleuchtet werden; dadurch „findet gewollt oder ungewollt eine Entpolitisierung der Taten statt“ (53). Neben seiner Forderung nach einer grundlegenden gesellschaftlichen Veränderung greift Teidelbaum auch konkrete Vorschläge auf, wie die Situation Obdachloser zu verbessern sei und die Bevölkerung für die Opfer rechter Gewalt sensibilisiert werden könne.