Öffentlichkeit. Die politische Form des Bewusstseins
Nach seinem Werk über Partizipation (siehe Buch-Nr. 30855) befasst sich Volker Gerhardt nun mit dem Phänomen der Öffentlichkeit, die er als politische Form des Bewusstseins charakterisiert. Über das bloße Gespräch oder den institutionalisierten Diskurs hinaus ist es „das öffentlich vorbereitete Tun“, das „jeder im Verborgenen geplanten Tat überlegen“ (62) ist. Von dieser der Öffentlichkeit eingelagerten normativen Kraft ausgehend, die bisweilen zum Handeln geradezu nötigt, erörtert der Berliner Philosoph in historischer Perspektive die „Kultivierung des öffentlichen Raums“ (48 ff.), die „Konstitution der Öffentlichkeit“ (136 ff.) sowie die „Gesellschaft als offenen Raum“ (235 ff.). Die Öffentlichkeit, von der erwartet wird, dass sie die Dinge ans Licht bringt und über Sachverhalte aufklärt, ist für Gerhardt in politischer Dimension „die Atmosphäre möglicher vernünftiger Einsicht“ und in diesem Sinne in anthropologischer Hinsicht „der ursprüngliche Ort der Menschwerdung“ (233). „Offener Geist und öffentliche Vernunft“ (437 ff.) bedingen sich einander und vor diesem Hintergrund sieht Gerhardt „Heideggers Kritik am ‚Gerede’ des ‚Man’“ als einen „Tiefpunkt in der Begriffsgeschichte der Öffentlichkeit“ (211) an. Gegen Heideggers Diktum verweist Gerhardt in systematischer Hinsicht auf Karl Jaspers und Hannah Arendt, an deren Denklinie von existenzieller Kommunikation und Weltbefreundetheit sein Buch anknüpft. Existenz und weltliche Sichtbarkeit sind wechselseitig aufeinander verwiesen, in Volker Gerhardts Worten: „Was immer jemand unter existenziellem Anspruch tut, steht unter der Erwartung öffentlicher Sichtbarkeit.“ (214)