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Forum für kritische Rechtsextremismusforschung (Hrsg.)

Ordnung. Macht. Extremismus. Effekte und Alternativen des Extremismus-Modells

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011; 376 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-531-17998-8
Der Extremismus wird als aktuelles politisches Phänomen wahrgenommen – ziviler Ungehorsam, Extremismusklausel, Rechtsterrorismus à la NSU und in diesem Zusammenhang ein fatales Fehlverhalten der Verfassungsschutzbehörden sind Themen, die die gesamte Medienlandschaft beschäftigen. Dieser Sammelband hat den Anspruch, das umstrittene Extremismus-Modell, wie es zum Beispiel von Jesse und Backes vertreten wird, kritisch zu hinterfragen und Alternativkonzepte vorzustellen. In fünf Beiträgen diskutieren die Autoren zunächst grundsätzliche Kritikpunkte am konventionellen Modell, zeichnen seine geschichtliche Entwicklung nach und loten die Verankerung in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft aus. Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich mit den Praktiken der Staatsorgane, der Zivilgesellschaft, der Medien und der Sozialwissenschaften im Umgang mit politischem Extremismus. Zur Diskussion stehen die staatliche Erfassung politisch motivierter Kriminalität, Integration als Präventivmaßnahme gegen extremistische Einstellungen, aber auch Aspekte politischer Bildung im Rahmen demokratischer Schulprojekte. Neben einer Gleichsetzung von „links“ und „rechts“ stellt sich die Verharmlosung neonazistischer Aktivitäten vor allem auf kommunalpolitischer Ebene als großes Problem heraus. Den Abschluss bilden praktische Überlegungen der Autoren, ein alternatives Vokabular zum klassischen Extremismusbegriff zu finden. Jörn Hüttmann etwa schlägt eine politische Skala vor, die sich an den Grundwerten Freiheit und Gleichheit orientiert. Ein weiteres Problem, auf das die Autoren verweisen, ist neben unscharfer Kategorien und Begriffe des Extremismus-Modells das Fehlen einer analytisch-methodischen Basis und folglich eine Missinterpretation qualitativer Daten. Vielmehr sei es notwendig, den allgemeinen Fokus auf konkrete gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Sexismus oder Antisemitismus zu legen, um so die Negativeffekte einer „Freund-Feind“-Stilisierung zu vermeiden. Insgesamt bilden die 16 Aufsätze einen gelungenen Beitrag zu einer Auseinandersetzung mit der Extremismus-Thematik über den gewöhnlichen Forschungsansatz hinaus. Jedoch wirken die einzelnen Aufsätze teilweise aneinandergereiht – trotz struktureller Dreiteilung des Buches sucht man vergeblich einen roten Faden. Die versprochenen Alternativen bleiben leider oberflächlich und stellen gegenüber dem klassischen Konzept somit keine wirkliche Innovation dar.
Lisa Koppusch (LK)
Studentin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 2.372.352.25 Empfohlene Zitierweise: Lisa Koppusch, Rezension zu: Forum für kritische Rechtsextremismusforschung (Hrsg.): Ordnung. Macht. Extremismus. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34301-ordnung-macht-extremismus_41170, veröffentlicht am 13.12.2012. Buch-Nr.: 41170 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken