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Martin Löhnig / Mareike Preisner / Thomas Schlemmer (Hrsg.)

Ordnung und Protest. Eine gesamtdeutsche Protestgeschichte von 1949 bis heute

Tübingen: Mohr Siebeck 2015; VIII, 307 S.; brosch., 69,- €; ISBN 978-3-16-153793-6
Politischer Protest, so das Herausgebertrio in seiner Einführung, sei ein hochkomplexes, massiven Veränderungen unterlegenes politisches Phänomen, das sich in einer gesamtdeutschen Betrachtung noch dazu vor dem Hintergrund zweier Verfassungsordnungen abgespielt habe. Während die Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland, gerade wegen der langfristigen Wirksamkeit politischer Proteste, einer signifikanten Dynamik hinsichtlich ihrer Ausdeutung und Konkretisierung unterlegen seien, sei derlei Veränderung für die Verfassungen der Deutschen Demokratischen Republik nicht feststellbar. Die einzelnen Beiträge des Bandes decken fallstudienartig entweder einzelne Epochen oder aber einzelne Protestereignisse ab – angefangen von der Adenauer‑Ära oder dem Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 bis hin zu den sogenannten Stuttgarter Wutbürgern. Wolfgang Kraushaar betrachtet in seinem Beitrag die Adenauer‑Jahre. Politische Konflikte hätten in dieser Phase der Etablierung einer freiheitlich‑demokratischen Ordnung entlang der Fragen von „Markt‑ statt Planwirtschaft, Föderalismus statt Zentralismus, Wiederbewaffnung statt Pazifismus und europäischer Integration statt nationalem Separatismus“ (14) gegolten. Politischem Protest sei dabei die Rolle zugekommen, alternative Lösungen aufzuzeigen und in die politische Debatte einzubringen. In institutioneller Hinsicht habe die Artikulation solcher Positionen – etwa durch die Gewerkschaften oder die SPD – diese zu nachhaltigen programmatischen Korrekturen gezwungen. Dierk Hoffman unternimmt in seinem Beitrag den Versuch, den Volksaufstand in der DDR hinsichtlich seiner Ursachen, seines Verlaufs und seiner Folgen zu rekonstruieren. Für den Aufstand, für den die Beschreibung als Revolution nicht angebracht sei, seien, so eine seiner Folgerungen, insbesondere auch soziale Proteste ausschlaggebend gewesen, was bislang weder sozial‑ und kulturgeschichtlich noch in international vergleichender Perspektive hinreichend untersucht worden sei. Gerrit Manssen schließlich fragt nach den „Legitimationsdefiziten bei Großvorhaben“ (258), die ihrerseits Auslöser politischer Proteste sein können. Dabei kommt er unter anderem zu dem Schluss, dass sich eine bessere Planung, Kommunikation und Implementierung solcher Vorhaben nicht rechtlich, sondern eher politisch lösen lassen. Da es im Planungsrecht genügend Mechanismen gebe, um die Beteiligung Betroffener sicherzustellen, gelte es, diese bestehenden Möglichkeiten auch in die politische Öffentlichkeit hineinzutragen und anzuwenden.
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Rubrizierung: 2.3312.3132.3142.3152.362.37 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Martin Löhnig / Mareike Preisner / Thomas Schlemmer (Hrsg.): Ordnung und Protest. Tübingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40014-ordnung-und-protest_47266, veröffentlicht am 18.08.2016. Buch-Nr.: 47266 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken