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Ulrich von Alemann / Martin Morlok / Tim Spier (Hrsg.)

Parteien ohne Mitglieder?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Schriften zum Parteienrecht und zur Parteienforschung 46); 330 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8487-0812-3
Es ist ein Jammer, dass Tagungsbände oft nur mit starker Zeitverzögerung auf den Markt gelangen. So verhält es sich auch mit dem, der aus einer Veranstaltung des Düsseldorfer Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung aus dem Herbst 2009 resultiert – allerdings passt der Erscheinungstermin im Jahr 2013 ausgezeichnet zur Debatte über das SPD‑Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag. Während sich der erste Teil des Bandes mit der Erhebung zur deutschen Parteimitgliedschaft und der dritte Teil mit dem – fast obligatorischen – Blick ins europäische Ausland im Rahmen dessen bewegt, was man erwarten kann, haben es vor allem der zweite und vierte Teil in sich. Hervorzuheben sind die Beiträge von Elmar Wiesendahl und Uwe Volkmann im zweiten Teil. Wiesendahl verweist darauf, dass im Längsschnitt die grundlegende Bereitschaft, Mitglied einer Partei zu werden, nicht rückläufig ist, die Parteien aber dennoch rückläufige Mitgliederzahlen zu vermelden haben. Für die „Rekrutierungslücke“ (90) referiert er eingehend die zahlreichen Diagnosen und verortet die Lösungskompetenz bei den Parteien, denen aber „Mittel und Ideen [fehlen], wie sie diese Interessierten ansprechen und für einen Beitritt gewinnen könnten“ (123). Volkmann beschäftigt sich mit der Rolle der Parteien in der repräsentativen Demokratie. Dabei arbeitet er heraus, dass sich das Verfassungsgericht frühzeitig auf einen Demokratiebegriff festgelegt hat, der auf Interessenausgleich abstellt und der Demokratie letztlich als Deliberation begreift. Den Parteien falle dabei über ihre Funktion als Mitgliederparteien eine zentrale Rolle zu, deren Erfüllung ihnen aber in Anbetracht ihrer Mitgliederstrukturen zunehmend schwerfalle. An diesen beiden Beiträgen entzündete sich eine überaus muntere Diskussion, die ebenfalls dokumentiert ist, und die in Verbindung mit dem vierten Panel und einer Debatte mit Funktionsträger_innen von Parteiorganisationen verdeutlicht, dass die Parteienforschung gegenwärtig weder ein Idealbild ihres Forschungsobjekts skizzieren kann noch die bisherigen, ja durchaus wohlmeinenden und im Zeitgeist liegenden partizipatorischen Parteireformen bislang substanziell Wirkung gezeigt haben.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.331 | 2.22 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Ulrich von Alemann / Martin Morlok / Tim Spier (Hrsg.): Parteien ohne Mitglieder? Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36594-parteien-ohne-mitglieder_44890, veröffentlicht am 09.01.2014. Buch-Nr.: 44890 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken