Skip to main content
Martin Schulte

Politik mitgestalten. Möglichkeiten wissenschaftlicher Politikberatung durch private Think Tanks

Marburg: Tectum Verlag 2013; 365 S.; pb., 39,95 €; ISBN 978-3-8288-3190-2
Politikwiss. Diss. Bonn; Begutachtung: G. Langguth. – Vor dem Hintergrund des stetigen Zuwachses an kleineren privat finanzierten Think Tanks in Deutschland stellt Martin Schulte die Untersuchungsfragen, ob diese als Beratungsakteure in politischen Reformprozessen eine Rolle spielen, welche Funktionen sie dabei wahrnehmen und welches die Erfolgsfaktoren ihrer angestrebten Einflussnahme sind. Dabei konzentriert sich der Autor auf sogenannte advokatische Think Tanks, die zivilgesellschaftlich verankert sind. Sie übernehmen „typischerweise Anwaltschaften für spezifische Themen, sachpolitische Lösungsansätze, wissenschaftliche Denkrichtungen oder Weltanschauungen“ (21). Ihre Zielgruppen sind hauptsächlich Politiker und die breite Öffentlichkeit, bei denen sie für Veränderung im Sinne ihrer Politikagenda werben. Unter Think Tanks versteht Schulte dabei generell „wissenschaftliche Forschungseinrichtungen, die als externe Berater und Ideengeber für Politik und Gesellschaft fungieren“ (69). Als Think Tank‑Funktionen im politischen Prozess hält er im Rekurs auf die Politikzyklus‑Theorie die Phasen der Problemidentifizierung, des Agenda Settings, der Politikformulierung, Politikimplementierung und des Feedbacks fest. Hierauf entwickelt Schulte ein Analyseschema zu den Einflussmöglichkeiten von Think Tanks auf politisches Handeln, wobei er sachbezogene Funktionen (zum Beispiel Problemanalyse, Identifizierung von Handlungsoptionen) von strategisch‑kommunikativen Funktionen (zum Beispiel Meinungsbildung, Thematisierung von Zielverfehlungen) unterscheidet. Im empirischen Abschnitt wird der Beratungseinfluss advokatischer Think Tanks auf die rot‑grünen Arbeitsmarkt‑ und Rentenreformen im Rahmen der Agenda 2010 überprüft. So weist Schulte nach, dass kleinere advokatische Think Tanks wie das IWG Bonn, die Ludwig‑Erhard‑Stiftung und die Stiftung Marktwirtschaft die mit einer Kürzung staatlicher Leistungen und der Forderung nach stärkerer Privatvorsorge verbundenen Reformmaßnahmen mehrheitlich befürwortet haben. Dies spiegle sich in der großen Übereinstimmung zwischen den Positionen der Think Tanks und den von Rot‑Grün beschlossenen Gesetzen wider. Schultes Schlussfazit fällt ambivalent aus: Auch wenn der analysierte Reformeinfluss kleinerer advokatischer Think Tanks gegenüber Verbänden, Stiftungen und großen akademischen Instituten alles in allem begrenzt blieb, konnten sie vor allem über öffentlichkeitsorientierte Kanäle erfolgreich Agenda Setting für Reformprojekte betreiben.
Ulrich Heisterkamp (HEI)
Politikwissenschaftler, Doktorand am Institut für Politikwissenschaft der Universität Regensburg.
Rubrizierung: 5.22.342 Empfohlene Zitierweise: Ulrich Heisterkamp, Rezension zu: Martin Schulte: Politik mitgestalten. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36807-politik-mitgestalten_45184, veröffentlicht am 27.02.2014. Buch-Nr.: 45184 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken