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Eilert Herms

Politik und Recht im Pluralismus

Tübingen: Mohr Siebeck 2008; XXVI, 372 S.; Ln., 94,- €; ISBN 978-3-16-149429-1
„Was passiert, wenn eingesehen wird, daß der unvermeidliche weltanschaulich-ethische Pluralismus nicht mehr allein ein Gegenstand für das Handeln von Politik und Recht ist, sondern schon der Boden, der motivierende und orientierende Horizont allen solchen Handelns?“ (XV) Wie kann angesichts dieser Einbindung von Politik und Recht in den Pluralismus die Einheitlichkeit der Gesetzgebung und des politischen Handelns noch gewährleistet werden? Drei mögliche Lösungen stellt Herms, einer der gegenwärtig führenden evangelischen Sozialethiker, in seinen gesammelten Aufsätzen zur politischen Ethik vor: Zum einen könne man versuchen, Politik auf Macht zu reduzieren, die sich weltanschaulich neutral über das positive Recht artikuliert. Das käme jedoch einer Diskursverweigerung gleich, die übersieht, dass alles Handeln von einem Ethos ausgeht und von ihm seine Ziele (Handlungspräferenzen) empfängt, also nie neutral sein kann. Zum anderen könne man ein eigenes Staatsethos etablieren (beispielsweise als „civil religion“ oder Werteordnung), jedoch würde man damit den Diskurs beherrschen wollen, zudem benötigte man nach wie vor eine Religion (bzw. gleichbedeutend: Weltanschauung), um die Bindung an dieses Ethos dauerhaft zu sichern; es droht also die Gefahr der Ideologisierung des Staates. Herms präferiert die dritte Lösung: eine diskursive Einbindung der Religionen in die politische Meinungsbildung. Die Gefahr, dass Politik zum Basar verkommt, könne abgewehrt werden, indem von der Politik Mindestanforderungen an die Religionen gestellt werden: Die Religionen müssen selbst pluralismuskompatibel sein, sie müssen sich also selbst relativieren (z. B. durch die Unterscheidung von Kirche und Staat) und als theoretische Anschauung von dem Phänomen menschlichen Zusammenlebens unterscheiden können. Der Art. 1 des Grundgesetzes ist für Herms ein gelungenes Beispiel für solche Mindestanforderung, die zugleich offen bleibt für unterschiedliche religiöse Deutungen dieser Würde.
Volker Stümke (VS)
Dr., evangelischer Theologe, Priv.-Doz. für evangelische Sozialethik, Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg.
Rubrizierung: 5.41 | 2.35 | 5.44 Empfohlene Zitierweise: Volker Stümke, Rezension zu: Eilert Herms: Politik und Recht im Pluralismus Tübingen: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29139-politik-und-recht-im-pluralismus_34435, veröffentlicht am 21.05.2008. Buch-Nr.: 34435 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken