Der begriffshistorische Forschungsstand zum Extremismusbegriff ist bislang relativ spärlich. Die wenigen Arbeiten begannen frühestens ab der Neuzeit. Backes, einer der wichtigsten Protagonisten der Extremismustheorie in Deutschland, spannt dagegen den zeitlichen Bogen seiner Studie über zwei Jahrtausende von der voraristotelischen Philosophie der Antike bis zur Gegenwart. Zudem legt er seine chronologische Untersuchung vielsprachig an, wobei er neben deutschen, französischen und englischsprachigen Quellen ebenfalls russische und italienische mit einbezieht. Vor allem vier miteinander verbundenen Veränderungsprozessen von Begriffen widmet sich der Autor: Verzeitlichung, Demokratisierung, Ideologisierbarkeit und Politisierung. Dabei geht es ihm darum, „Konzeptualisierungsformen und reziproke Perzeptionen” (21) in den Blick zu nehmen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Extremismusbegriff auf die griechische Ethik der Mitte, die ein Zuviel und Zuwenig ablehnt, zurückgeht und deren Antithese bildet. Diese Antithese bezieht sich auch auf die mit der Maßethik verbundene favorisierte Staatsform der Mischverfassung, die für Pluralismus und Gewaltenkontrolle sorgt. Erst infolge der Französischen Revolution kam die heute verbreitete Rechts-links-Unterscheidung hinzu. Insgesamt gelingt es Backes, seine zahlreichen Fundstücke in einer stringenten Analyse zu präsentieren, allerdings geht der große zeitliche Horizont zu Lasten einer notgedrungen knappen und etwas einseitigen Darstellung aktueller Begriffsdebatten, wie z. B. zum Rechtsradikalismusbegriff.