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John Akude / Anna Daun / David Egner / Daniel Lambach (Hrsg.)

Politische Herrschaft jenseits des Staates. Zur Transformation von Legitimität in Geschichte und Gegenwart

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 (Globale Gesellschaft und internationale Beziehungen); 278 S.; brosch., 39,95 €; ISBN 978-3-531-18289-6
Die Herausgeber kritisieren einleitend die normative Zielrichtung der Transformationsforschung seit Anfang der 1990er-Jahre, die den Regimewandel als Hauptforschungsgegenstand bestimmte und dabei von „der Annahme einer prinzipiell teleologischen Dynamik hin zur demokratischen Staatsform“ (9) ausging. Die Annahme treffe nicht zu, weil sich einige dekolonialisierte und postsozialistische Staaten nicht modernisierten und in Lateinamerika Staaten mit etablierten demokratischen Institutionen nicht stabilisierten. Die Verengung des Transformationsbegriffs auf Demokratisierungsprozesse erschwere die notwendige Abkehr von staatlichen Ordnungen und die empirische Legitimitätsforschung in der Tradition Max Webers: Weber habe die Legitimität zwar einerseits dem Staat als Gewaltmonopolinhaber zur Durchsetzung rationaler Ordnungen mittels Verwaltungsstab und Anstaltsbetrieb im angebbaren Territorium zugewiesen. Andererseits habe er aber zugleich verdeutlicht, dass sich durch Tradition und Charisma auch nichtstaatliche politische Ordnungen legitimieren lassen. Sein staatlicher Legitimitätsbegriff sei weiterhin für die „innere Legitimität von Herrschaft“ gültig, könne aber keine „äußere Legitimität“ der Anerkennung von Staaten durch andere Staaten autorisieren. Nutze man das Modell „eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Legitimität einer Herrschaft und der Transformation politischer Ordnung“ (12), komme man auf den Ebenen der Regierung, der Eliten und der politischen Gemeinschaft zu folgenden Szenarien: Verlören diese die Zustimmung zu ihrem Legitimitätsanspruch, würden sie ohne eine institutionalisierte Konfliktlösung zur Diktatur, Oligarchie und gespaltenen Gesellschaft werden und könnten zu Putsch, Revolution und Staatszerfall führen. Die Auswahl der Fallanalysen politischer Herrschaft jenseits des Staates weist trotz methodischer Hinweise zur Systematik eines „synchronen und diachronen Vergleich[es]“ anhand eines „standardisierten Fragen-Satzes“ (18) einen eher beliebigen Tagungsbandcharakter auf, was unter anderem daran liegt, dass Aufsätze zur Transformation von Legitimität durch Globalisierung und Europäisierung fehlen. Das Buch vermag die universale Erwartungshaltung, die der Untertitel beim Leser weckt, deshalb insgesamt nicht zu erfüllen, vereint aber interessante Beiträge und enthält am Ende des Buches eine gelungene Zusammenfassung.
Ulf Kemper (UK)
M. A., Politikwissenschaftler, Philosoph, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaften, Universität Duisburg-Essen.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.23 | 2.31 | 2.5 | 2.63 | 2.65 | 2.67 Empfohlene Zitierweise: Ulf Kemper, Rezension zu: John Akude / Anna Daun / David Egner / Daniel Lambach (Hrsg.): Politische Herrschaft jenseits des Staates. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34582-politische-herrschaft-jenseits-des-staates_41548, veröffentlicht am 12.01.2012. Buch-Nr.: 41548 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken