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Tom Mannewitz

Politische Kultur und demokratischer Verfassungsstaat. Ein subnationaler Vergleich zwei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervereinigung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015; 548 S.; 128,- €; ISBN 978-3-8487-2110-8
Habilitationsschrift Chemnitz; Begutachtung: E. Jesse, R. Sturm, N. Werz. – Ist mehr als zwanzig Jahre nach der staatlichen Vereinigung die „innere Einheit“ erreicht? Tom Mannewitz geht dieser Frage nach, indem er sich systematisch mit der politischen Kultur in Deutschland beschäftigt. Auf der einen Seite möchte er wissen, ob es zwischen den alten und den neuen Bundesländern strukturelle Unterschiede hinsichtlich der politischen Werthaltungen und Überzeugungen gibt. Auf der anderen Seite geht es aber auch um die Frage, ob die Unterscheidung von Ost und West überhaupt die entscheidende Differenzierung ist, wenn es um musterhafte Auffälligkeiten in der politischen Kultur geht. In der Tat ist das vermutlich die zentrale Aussage der Studie, die zu ihren Urteilen auf der Grundlage einer gründlichen Auswertung von Bevölkerungsumfragen (unter anderem ALLBUS, European Social Survey und Value Survey) kommt: Es ist nicht (mehr) die Linie zwischen östlichen und westlichen Bundesländern, die die strukturelle Ähnlichkeit von politischen Kulturen bestimmt. Vielmehr identifiziert Mannewitz einen Unterschied zwischen einer eher im Norden festzustellenden „demokratisch‑konstitutionellen“ Kultur einerseits und einer „freiheitlich‑wettbewerblichen“ Kultur im Süden Deutschlands. Das Erbe einer „sozialistisch‑revolutionären“ Kultur macht Mannewitz in Berlin, Brandenburg und Sachsen aus, wohingegen es in Thüringen in deutlich geringerem Umfang festzustellen ist. Offenkundig gibt es kulturelle Traditionsbestände, die bereits vor der DDR angelegt waren und die nach dem Ende des zweiten deutschen Staates weiterhin wirksam sind. Insgesamt allerdings, und das kann man bei dem nachvollziehbaren Anliegen des Autors nach Systematik und Gruppenbildung übersehen, sind die Abweichungen zwischen den Regionalkulturen eher gering. Die Studie von Mannewitz besticht durch eine gründliche Sichtung und Diskussion der einschlägigen Literaturstränge, eine solide Begriffsbildung und eine methodisch nachvollziehbare quantitative Auswertung. Dass man einzelne Entscheidungen im Prozess der Operationalisierung anzweifeln kann, dass die Fallzahl für die Bundesländer mitunter – allerdings eingestandenermaßen – nur knapp oberhalb der Grenze des noch Vertretbaren liegt, sei dabei nur angemerkt. Insgesamt aber handelt es sich um eine Untersuchung, die neue Wege in der Erforschung der „subnationalen“ politischen Kultur weist.
{WK}
Rubrizierung: 2.352.22.3252.32 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Tom Mannewitz: Politische Kultur und demokratischer Verfassungsstaat. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40180-politische-kultur-und-demokratischer-verfassungsstaat_47800, veröffentlicht am 08.12.2016. Buch-Nr.: 47800 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken