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Jörg Faust / Katharina Michaelowa (Hrsg.)

Politische Ökonomie der Entwicklungszusammenarbeit

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik 13); 274 S.; brosch., 49,- €; ISBN 978-3-8487-0428-6
In diesem Sammelband, den die Herausgeber auch als Lehrbuch bezeichnen, werden Fragen der Entwicklungszusammenarbeit aus politisch‑ökonomischer Perspektive in den Blick genommen. Jörg Faust und Katharina Michaelowa geht es darum, den „Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Maßnahmen“ (15) in der Entwicklungszusammenarbeit zu evaluieren, was aufgrund der Komplexität der hier zusammentreffenden Faktoren ein schwieriges Unterfangen sei. Um die Wirksamkeit der Maßnahmen annähernd einschätzen zu können, verwenden sie eine politökonomische Analyse die – so wird man nicht umhinkönnen festzustellen – ihrerseits in ihren Prämissen hochproblematisch ist, etwa wenn es um die Unterstellung eines wohlinformierten, rational handelnden Akteurs geht. Dennoch ermöglicht die Orientierung an „einer ‚Neuen Politischen Ökonomie der Entwicklungshilfe’“ (20) spannende, um nicht zu sagen kontroverse Einsichten in dieses Politikfeld. Das belegen die in drei Teile gruppierten Aufsätze des Bandes, die sich von einer gegenwärtigen Einschätzung der Entwicklungszusammenarbeit über ausgewählte Fallstudien bis hin zu einer Betrachtung international organisierter Geldgeber erstrecken. William Easterly etwa deckt in seinem Beitrag – in einem bewusst polemisch formulierten Duktus, so die Herausgeber – zentrale Schwächen der gegenwärtig betriebenen Entwicklungszusammenarbeit auf globaler Ebene auf. Dabei hebt er insbesondere auf die Existenz eines von ihm als bürokratisch verkrustet bezeichneten Kartells westlich dominierter Entwicklungshilfeorganisationen ab, dem die Nehmerländer kaum entkommen könnten und dem sie geradezu ausgeliefert seien. Ob indes dezentrale Märkte ein erfolgversprechendes Alternativmodell für die Zuteilung und Organisation von Entwicklungshilfe darstellen, wie Easterly meint, ist zumindest eine diskussions‑, wenn nicht gar eine fragwürdige Position. Denn wenn damit eine reine Verlagerung der Verteilungslogiken nach dem Motto „Weniger Staat, mehr Markt“ gemeint ist – und all jene Deregulierungs‑ und Privatisierungserzählungen darin mitschwingen, die landläufig unter einer neoliberalen Agenda subsummiert werden – dann wäre eine solche Entwicklung, die von zahlreichen Ländern Südamerikas und Osteuropas ja bereits beschritten worden ist, sinnvollerweise kaum zu begrüßen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.44 | 5.45 | 4.22 | 4.45 | 4.3 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Jörg Faust / Katharina Michaelowa (Hrsg.): Politische Ökonomie der Entwicklungszusammenarbeit Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36377-politische-oekonomie-der-entwicklungszusammenarbeit_44230, veröffentlicht am 07.11.2013. Buch-Nr.: 44230 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken