
Politisches Denken. Jahrbuch 2009. Aufarbeitung totalitärer Erfahrungen und politische Kultur. Die Bedeutung der Aufarbeitung des SED-Unrechts für das Rechts- und Werteverständnis im wiedervereinigten Deutschland
Die Autoren verbinden in ihren Beiträgen zwei Fragestellungen: Hat das alte bundesrepublikanische Verständnis von Politik und Recht den Aufarbeitungsprozess des SED-Unrechts geprägt? Konnte die Aufarbeitung der DDR-Diktatur einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Kultur- und Werteverständnisses der wiedervereinigten Bundesrepublik leisten? Es wird also gefragt, worin der Verknüpfungspunkt zwischen der Aufarbeitung der „totalitären Erfahrung“ (22) und der politischen Kultur der Bundesrepublik besteht und welche Ergebnisse festzustellen sind. Die Bilanz der Autoren fällt zwanzig Jahre nach dem Mauerfall vielfach ambivalent aus. Sie kritisieren übereinstimmend Tendenzen der Unrechtsrelativierung sowie die Konzentration der Aufarbeitung auf den Repressions- und Überwachungsapparat. Schwelling schreibt zudem, dass die Prozesse und Probleme der Aufarbeitung von Schuld und Wiedergutmachung auch zu einer sich unversöhnlich spaltenden Gesellschaft führen könnten. Der vielfach geforderte Schlussstrich unter die Vergangenheit sei jedoch auch aus historischer Perspektive auf die Geschichte der Bundesrepublik und den Vergleich mit der Aufarbeitung der NS-Diktatur eine falsche Lösung. Ingesamt fordern die Autoren eine integrative Kultur des politischen Zusammenlebens ein, um die Stabilität der Demokratie zu gewährleisten. Dies erhöhe die Anforderungen an alle Akteure, besonders für Multiplikatoren in der politischen Bildung. Zukünftige Aufgaben liegen ihrer Ansicht nach in einer politischen Kultur, welche ihre historischen Prägungen und Erfahrungen auch an nachfolgende Generationen positiv vermitteln kann. Die Beiträge gehen zurück auf eine Tagung, die im September 2008 stattfand.