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Johanna Krawietz / Stefanie Visel (Hrsg.)

Prekarisierung transnationaler Carearbeit: Ambivalente Anerkennung

Münster: Westfälisches Dampfboot 2014; 196 S.; 27,90 €; ISBN 978-3-89691-961-8
Fachkräftemangel, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und ein allgemein geringes Ansehen zeichnen den Pflege‑ und Gesundheitssektor aus, der zunehmend auf die Anwerbung von – vornehmlich weiblichen – Pflegekräften aus anderen – zumeist osteuropäischen und asiatischen – Staaten angewiesen ist. Daher wurden in den vergangenen Jahren in Deutschland verschiedene Modellprojekte und Anwerbeabkommen für ausländische Pflegekräfte ins Leben gerufen sowie auf gesetzlicher Ebene Erleichterungen bei der Einwanderung und der Anerkennung von Qualifikationen geschaffen. Diese Entwicklungen nehmen die Autorinnen zum Anlass, die strukturellen Bedingungen und Erscheinungsformen von Prekarität sowie die institutionellen Strukturen der Anerkennung in der transnationalen Care‑Arbeit zu analysieren. Dies geschieht beispielhaft für unterschiedliche Bereiche und Akteure. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Frage, ob Formalisierung und Regulierung dazu beitragen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse aufzulösen oder sie gar zu zementieren. Die Autorinnen kommen dabei zu ambivalenten Ergebnissen. So zeigt sich beispielsweise für die Beschäftigung von Pflegekräften in Privathaushalten (sogenannte Live‑ins), dass mit der Vermittlung von Migrant_innen durch eine Wohlfahrtsorganisation zwar die Möglichkeit einer formalen und damit anerkannten Beschäftigung für die bislang in diesem Bereich irregulär Arbeitenden geschaffen wurde. Unter anderem bei der Vergütung und in der gelebten Arbeitspraxis finden sich jedoch „Prekaritäten, von denen irregulär beschäftigte Betreuungskräfte betroffen sind, […] auch im Modell der Wohlfahrtsorganisationen wieder“ (154). Widersprüche zeigen sich auch in der Anerkennung von pflegerischen Berufsqualifikationen. So haben mit dem seit 2011 geltenden Anerkennungsgesetz Migrant_innen einen formalen Anspruch auf die Prüfung der Anerkennung ihrer Qualifikation. In der Praxis wird ihnen diese aber vielfach verweigert, was „zu Entwertungen der Kompetenzen der Migrant_innen und zu ihrer Dequalifizierung [führt]“ (92). Zudem führt Maria Kontos in ihrem Beitrag über die Anerkennung des Rechts auf Familienzusammenführung aus, dass auf europäischer Ebene die Politik der Freizügigkeit von Dienstleistungen „einen legalen, aber wenig kontrollierbaren transnationalen Niedriglohnsektor für hauswirtschaftliche Dienstleistungen“ (45) geschaffen hat. Der Band ist im Rahmen eines Forschungsprojekts am Institut für Sozial‑ und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim entstanden.
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Rubrizierung: 4.434.422.2622.3422.61 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Johanna Krawietz / Stefanie Visel (Hrsg.): Prekarisierung transnationaler Carearbeit: Ambivalente Anerkennung Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37912-prekarisierung-transnationaler-carearbeit-ambivalente-anerkennung_46088, veröffentlicht am 18.12.2014. Buch-Nr.: 46088 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken