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Andreas Elter

Propaganda der Tat. Die RAF und die Medien

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2008 (edition suhrkamp 2514); 287 S.; 10,- €; ISBN 978-3-518-12514-4
Terrorismus ist immer auch eine Kommunikationsstrategie, lautet die zentrale These dieser außerordentlich aufschlussreichen Analyse. Elter, Journalistik-Professor in Köln, verknüpft deshalb die Aspekte Terrorismus, Kommunikation und Medien miteinander und befasst sich mit dem „Theater des Schreckens“ (11) im 20. Jahrhundert, bei dem die Öffentlichkeit der eigentliche Adressat der terroristischen Kommunikationsstrategie war (und ist). Im Mittelpunkt steht die RAF, weil sie die erste Gruppe war, die sich der elektronischen Massenmedien bediente – eingebunden in das Dilemma, zur Sicherung der eigenen Existenz geheim bleiben zu müssen, gleichzeitig aber spektakuläre oder grausame Taten zu verüben, um in der Öffentlichkeit den Effekt des Schreckens zu erzielen. Elters beginnt mit einem ideengeschichtlichen Überblick vom politischen Mord in der Antike bis zu den Nationalisten, Sozialisten und Anarchisten des Vormärz. Im Anschluss identifiziert er den Begriff der Propaganda der Tat als in der anarchistischen Tradition stehend, ausgehend von Bakunin und Kropotkin – für die Entstehung dieses Konzepts waren „die Erfindung des Dynamits und die Verbreitung der Massenpresse entscheidend“ (64). Propaganda der Tat meint das Zusammenwirken von Gewalt und Kommunikation, verbunden mit einer Eskalationsstrategie. Elter beschreibt dann detailliert die Geschichte der RAF aus dem Blickwinkel ihrer kommunikativen Strategie: das von ihr erzeugte Klima der Angst, auch durch das Zusammenwirken von Eigen- und Fremdwahrnehmung, die „Symbiose“ (103) vor allem mit der Bild-Zeitung, die mit RAF-Themen ihre Auflage steigerte, die programmatischen Schriften, in denen Elter die klassische marxistische Gesellschaftsanalyse wiederfindet. Das Gesamtbild der verschiedenen Kommunikationselemente (u. a. Bekennerschreiben, das Video vom Entführungsopfer Schleyer) offenbart eine sinnlose und unmenschliche Strategie der Terroristen – deren Motive von einem großen Teil der Bevölkerung nie nachvollzogen wurden – und den Stammheim-Mythos als vor allem der Selbstlegitimierung der Gruppe dienend.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.372.3332.3132.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Andreas Elter: Propaganda der Tat. Frankfurt a. M.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28855-propaganda-der-tat_34051, veröffentlicht am 09.05.2008. Buch-Nr.: 34051 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken