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Christian Koller

Rassismus

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2009 (Uni-Taschenbücher Profile 3246 [ISBN: 978-3-8252-3246-7]); 111 S.; kart., 9,90 €; ISBN 978-3-7705-76808-7
Koller führt in die gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Kontexte des Rassismus ein. Dabei handelt es sich um einen schwierigen Begriff, was für die einen rassistisch ist, kann für andere bloß Exotik sein. Jedenfalls „neigt rassistisches Denken dazu, das Biologische über das Kulturelle zu stellen“ (7). Höchst interessant ist die historische Perspektive, die Koller nicht nur pro forma bemüht. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die Begriffe Rasse, Nation und Volk immer häufiger vermischt, sodass die Nation kein durch Zugehörigkeitswillen gebildeter politischer Verband mehr war, sondern eine „Abstammungsgemeinschaft“ (9). Dies erklärt auch, dass in frühneuzeitlichen Reiseschilderungen die Hautfarbe der Chinesen zumeist mit der der Europäer verglichen wurde und man erst mit der Entstehung des Konzepts Rasse Chinesen als gelb beschrieb. Theoretisch begreifen die Geschichtswissenschaften, die Soziologie oder Sozialpsychologie Rasse als ein soziales und kulturelles Konstrukt. Einen erheblichen Einfluss übte in den letzten Jahrzehnten Michel Foucault mit seinen Überlegungen zur Bio-Macht aus, deren Ziel eine Bevölkerungsregulation ist. In dieser Sicht ist „Rassismus ein Mittel […], um zwischen dem zu unterscheiden, was leben und was sterben muss“ (13). Rassismus hat damit eine zentrale Bedeutung für die Machtausübung moderner Staatlichkeit. Am Beispiel der Apartheid in Südafrika erläutert Koller, wie die Briten und Buren einerseits aus dem Gefühl der Schwäche heraus, andererseits aus „calvinistischer Auserwähltheitsgewissheit“ (76) andere Bevölkerungsteile zu diskriminieren begannen. Theoretisch knüpfte die Apartheid auch an die Ideologie der Zivilisierungsmission an. Der Autor verweist zudem auf die Erscheinung des Neorassismus, der den „Begriff der Rasse durch denjenigen der Kultur ersetzt“ (96). Kultur erscheint hier als statische Größe und es zeigt sich „eine signifikante Entsprechung zwischen der an kulturellen Merkmalen orientierten Einteilung der Menschen in Kulturkreise und ihrer an physischen Merkmalen orientieren Einteilung in Rassen“ (97).
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.25 | 2.35 | 2.37 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Christian Koller: Rassismus Paderborn u. a.: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31270-rassismus_37195, veröffentlicht am 28.01.2010. Buch-Nr.: 37195 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken