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Uwe Wenzel / Beate Rosenzweig / Ulrich Eith (Hrsg.)

Rechter Terror und Rechtsextremismus. Aktuelle Erscheinungsformen und Ansätze der politischen Bildungspraxis

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2015 (Wiesnecker Beiträge zu Politik und politischer Bildung 5); 189 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-7344-0113-8
Welche Lehren werden in der politischen Bildungsarbeit aus der NSU‑Mordserie gezogen? Diese Frage könnte in diesem Sammelband bearbeitet werden, in dem fast ausschließlich Praktiker zu Wort kommen – neben Profis der außerschulischen Jugendbildungsarbeit auch ein Referent des Verfassungsschutzes, ein Gewerkschaftssekretär und ein Bürgermeister. Allerdings greifen sie nur in einigen Beiträgen den NSU überhaupt auf oder analysieren die künftigen Herausforderungen in der pädagogischen Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und ‑terrorismus. Die thematisierten Aspekte bewegen sich eher im üblichen Rahmen (rechtsextreme Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft, rechtsextreme Frauen, Propaganda im Internet). Der Band geht auf eine Tagung des Studienhauses Wiesneck im Jahr 2012 zurück – offenbar ein zu früher Zeitpunkt, um Konsequenzen aus der NSU‑Mordserie zu erörtern. Tatsächlich haben diese und das Versagen der Sicherheitsbehörden zunächst nicht nur fassungs‑, sondern auch ratlos gemacht. Waren diese Morde angesichts einer seit über 15 Jahren bundesweit bestehenden Fülle lokaler und regionaler Bündnisse und Netzwerke, in denen Träger und zivilgesellschaftliche Akteure gegen Rechtsextremismus vorgehen, nur ein Ausreißer? Oder ist das rechte Terror‑Potenzial noch deutlich größer? Die Frage, ob die zivilgesellschaftlichen Strukturen angesichts des NSU ausreichend finanziert waren und die richtigen Ziele verfolgt haben, bleibt in dem Band offen. Lennard Aldag meint, dass diese Netzwerke einen enormen Wert für den Kampf gegen Rechtsextremismus haben: Bei ihrer antirassistischen Arbeit überbrücken insbesondere die Gewerkschaften gezielt etwaige politische Differenzen der Akteure. Zudem haben Bund und Länder mit ihren Förderprogrammen seit Jahren flächendeckende Beratungsnetzwerke, mobile Beratungsteams und lokale Projekte geschaffen. Der Leiter der Extremismus‑Abteilung der Bundeszentrale für politische Bildung Ulrich Dovermann bewertet die Bemühungen deutlich positiver als einige andere Autoren, die den zeitlich begrenzten Projektcharakter der Förderungen kritisieren. Der erreichte Professionalisierungsgrad birgt aber seiner Ansicht nach gar die Gefahr einer Verdrängung bürgerschaftlichen Engagements. Er plädiert dafür, Rechtsextreme selbst viel intensiver als Zielgruppe wahrzunehmen. Angenehmerweise halten sich die Autoren mit Deutungen weitgehend zurück und konzentrieren sich auf „Werkstattberichte“ und Beschreibungen der Sachlage. Die Beiträge sind kurz gehalten und geben eher kursorische Überblicke. Praktiker wie engagierte Lehrer finden deshalb zwar weniger situative Handlungsratschläge, dafür aber wichtige Hinweise darauf, wer sie bei ihrer Arbeit unterstützen könnte. Auch eignet sich das Buch für Lehramtsstudierende zur Ergänzung aktueller Einführungswerke.
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Rubrizierung: 2.372.352.362.3252.3312.333 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Uwe Wenzel / Beate Rosenzweig / Ulrich Eith (Hrsg.): Rechter Terror und Rechtsextremismus. Schwalbach/Ts.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38779-rechter-terror-und-rechtsextremismus_47288, veröffentlicht am 20.08.2015. Buch-Nr.: 47288 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken