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Oliver Decker / Johannes Kiess / Elmar Brähler (Hrsg.)

Rechtsextremismus der Mitte und sekundärer Autoritarismus

Gießen: Psychosozial-Verlag 2015 (Forschung Psychosozial); 208 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-8379-2490-9
Mit diesem Band setzt die Leipziger Forschergruppe um Oliver Decker und Elmar Brähler ihre „Mitte‑Studien“ zu rechtsextremen Einstellungen fort. Er ergänzt die im Netz frei verfügbare Analyse aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Die stabilisierte Mitte“ um Analysen zu den Ursachen und eine Aufschlüsselung der Umfrageergebnisse nach Bundesländern sowie um einen Abschnitt zum Rechtspopulismus und einen weiteren zu zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gegen Rechtsextremismus, wobei diese letzten beiden Kapitel mit der Umfragestudie kaum etwas zu tun haben. Die Erklärungsansätze überzeugen nicht so recht – einerseits, weil sich dahinter eine mehr politische denn wissenschaftliche Fundamentalkritik an der Gesellschaft (siehe Rezension zu Buch‑Nr. 44300) verbirgt, andererseits, weil die Ansätze nicht erklären, warum manche Menschen rechtsextreme Einstellungen aufweisen, andere nicht: Da werden soziale Normen – wie der auf individuelle Lebensrhythmen keine Rücksicht nehmende morgendliche Schulbeginn – und „das enge Gehäuse des Leistungsdrucks“ zu „gesellschaftliche[r] Gewalt“ (16), die Wirtschaft zu einem „sekundäre[n] Führer“ (28), dem die Massen huldigen und ihre Wünsche gefügig unterordnen. Dieser „sekundäre Autoritarismus“ in Verbindung mit der deutschen Insellage (stabile Wirtschaft) erklärt nach Ansicht der Autoren, warum aktuell Einwanderer geringere, Asylsuchende, Sinti und Roma sowie Muslime hingegen recht große Abwertung erfahren: Sie werden als Bedrohung des Wohlstands wahrgenommen oder halten als Sündenbock für die „eigenen abgewehrten Wünsche“ (69) her. Das ist allerdings keine allzu gute Erklärung: Bricht die Wirtschaft ein, führt das zu Xenophobie, floriert die Wirtschaft, führt das auch zu Xenophobie. Dass unökonomische Faktoren eine Rolle spielen könnten, wird ausgeblendet. Zudem: Was sagt es aus, dass so wenige Menschen wie nie seit Beginn der Studie ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild vertreten, wenn Aussagen wie „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben“ als Indikatoren für ein solches Weltbild gelten und jemand einzelne der 18 Items komplett ablehnen kann und trotzdem einem solchen Weltbild zugeordnet wird? Gleichwohl zeugen einige Items von größerer Validität, alle sind separat ausgewiesen und somit einer gesonderten Analyse zugänglich.
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Rubrizierung: 2.37 Empfohlene Zitierweise: Tom Mannewitz, Rezension zu: Oliver Decker / Johannes Kiess / Elmar Brähler (Hrsg.): Rechtsextremismus der Mitte und sekundärer Autoritarismus Gießen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38311-rechtsextremismus-der-mitte-und-sekundaerer-autoritarismus_46943, veröffentlicht am 16.04.2015. Buch-Nr.: 46943 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken