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Klaus Schroeder

Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2004; 617 S.; 48,- €; ISBN 3-506-71751-0
Dem komplexen Untersuchungsgegenstand trägt die Studie mit einem ausgefeilten Forschungsdesign Rechnung. Anhand einer Rechtsextremismusskala und einer innovativen Skala „Anti-nichtzivile Einstellungen/Verhaltensweisen" wurden zum einen knapp 900 Schüler in vier Kleinstädten befragt. Ergänzende qualitative Fallstudien in eben diesen Städten sollen Erkenntnisse über Jugendszenen, ihre Interaktionsdynamik und die Wahrnehmung von Gewalt, Rechtsextremismus und Ausländern bringen. Der Untersuchung geht eine ausgezeichnete Bestandsaufnahme der Theorieentwicklung und bisheriger empirischer Studien voraus. Schröders eigene Erhebungen zeigen teils größere Unterschiede im Nord-Süd-Vergleich als im Ost-West-Vergleich. Generell konstatiert er einen geringen Prozentsatz Jugendlicher mit rechtsextremem Weltbild und/oder antizivilen Orientierungsmustern, aber eine vor allem in den ostdeutschen Städten verbreitete Gleichgültigkeit gegenüber zivilen Tugenden. Die aus anderen Jugendstudien bekannte stärkere Gewaltbereitschaft und Affinität zum Rechtsextremismus bildungsferner und männlicher Jugendlicher findet sich bestätigt. Die Wahrnehmung von Ausländern werde vor allem in den westdeutschen Städten auch von deren Auftreten und Verhalten bestimmt. Zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Jugendgewalt fordert der Verfasser vor allem eine „Stärkung ziviler Werte und Tugenden" (501). Der am Ende erhobene Vorwurf, frühere empirische Untersuchungen „produzieren durch ihre Operationalisierung und Berechnungsmethoden das gewünschte Ergebnis" (500) gleich mit, mutet allerdings merkwürdig an, da er in gleicher Weise auch für Schroeders eigene Studie gilt. Ärgerlich ist zudem, dass ihre Ergebnisse unreflektiert mit Studien verglichen werden, die ganz andere Messinstrumente verwendet haben. Auch der nicht-repräsentative Charakter der eigenen Erhebung hätte zu mehr Bescheidenheit gemahnt. Dennoch gehört die Studie zum Besten, was über jugendlichen Rechtsextremismus und Gewaltaffinität im vereinten Deutschland geschrieben worden ist.
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.372.35 Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Klaus Schroeder: Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich Paderborn u. a.: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/20581-rechtsextremismus-und-jugendgewalt-in-deutschland-ein-ost-west-vergleich_24011, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 24011 Rezension drucken