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Bill Browder

Red Notice. Wie ich Putins Staatsfeind Nr. 1 wurde. Aus dem Englischen von Hans Freundl und Sigrid Schmid

München/Wien: Carl Hanser Verlag 2015; 410 S.; 21,90 €; ISBN 978-3-446-44303-7
Das Buch ist Sergej Magnitski gewidmet, der als Anwalt für Bill Browder arbeitete und dabei versuchte, gegen die Korruption in Russland vorzugehen. Unter falschen Anschuldigungen wurde er verhaftet und starb 2009 in einem Moskauer Gefängnis infolge von Misshandlungen. Browder konnte in den USA Unterstützung dafür gewinnen, die Peiniger zu bestrafen: 2012 wurde der Magnitsky Act erlassen, die Täter wurden damit sanktioniert. In der Folge verbot Präsident Putin die Adoption russischer Waisenkinder durch US‑amerikanische Familien – eine willkürliche Entscheidung, die, wie sich auch in diesem Buch zeigt, zugleich signalisierte, dass er nicht gedenkt, gegen ihm nützliche Korruption vorzugehen oder gar in seinem Land die Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen. Und obwohl also der Magnitsky Act und eine Resolution des Europäischen Parlaments, mit der Browders autobiografisch angelegter Bericht schließt, zwar wichtige Zeichen für die Menschenrechte sind, bleibt für Russland das Bild schwarz. Dabei begann es hoffnungsvoll. Nach dem Ende des Kommunismus machte sich Russland unter Jelzin daran, die Wirtschaft zu privatisieren, über Coupons sollten die Bürger davon profitieren. Tatsächlich setzte aber ein schwungvoller Handel mit diesen Coupons ein und zusätzliche Tricksereien sorgten dafür, dass die neue Klasse der Oligarchen entstand, die den Besitz der Unternehmen – unter Wohlwollen von Bürokratie und Politik – auf sich konzentrierte. In dieser Umbruchphase kam auch Browder nach Russland, um reich zu werden. Zunächst war er erfolgreich, sein Investmentfond avancierte zum größten westlichen Anleger in Russland und eine Weile schien das auch nicht weiter zu stören. Nur als er mit seinen Mitarbeitern und Anwälten begann, gegen die Korruption in ihrem Wirkungskreis vorzugehen, kam er offenbar den Interessen der Kremlspitze zu nahe – eine Abteilung des Geheimdienstes arbeitete nun gegen ihn und zwei Beamte des Innenministeriums ermittelten unter falschen Behauptungen. In einem großangelegten Betrug wurde der Besitz von Firmen aus Browders Investmentfond umgeschrieben und so eine exorbitante Steuernachzahlung ergaunert. Browder wurde die Wiedereinreise nach Russland verweigert, ein russisches Ersuchen an Interpol, ihn zu verhaften, allerdings als grundlos abgelehnt. Um die Lügen um diesem Betrug durch korrupte Vertreter des Staates aufrechtzuerhalten, wurden Browder in Abwesenheit und Magnitski nach seinem Tod wegen Steuerhinterziehung verurteilt. „Sogar Josef Stalin, der größte Massenmörder aller Zeiten, […] hatte sich nie dazu verstiegen, einen Toten vor Gericht zu stellen. Doch genau das tat Wladimir Putin im März 2013“ (385 f.). Browder lässt keinen Zweifel daran, dass damit der Charakter des Regimes endgültig enthüllt worden ist.
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Rubrizierung: 2.612.22.252.2624.422.64 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Bill Browder: Red Notice. München/Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38976-red-notice_47150, veröffentlicht am 15.10.2015. Buch-Nr.: 47150 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken