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Heiko Pleines

Reformblockaden in der Wirtschaftspolitik. Die Rolle von Wirtschaftsakteuren in Polen, Russland und der Ukraine

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008; 297 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-531-15466-4
Bei der Analyse der Umsetzbarkeit von politischen Reformen in postsozialistischen Ländern trifft man häufig auf den Gegensatz zwischen schwachen staatlichen Strukturen und mächtigen nicht-staatlichen, in der Regel wirtschaftlichen Akteuren. Letztere haben ihren enormen politischen und ökonomischen Einfluss einer ersten „wilden“ Reformphase zu verdanken, in der Wettbewerb und Liberalisierung zumeist noch sekundäre Ziele darstellten. Um die erworbene Position nicht zu gefährden, so die „state-capture“-These, versuchen nicht-staatliche Akteure, den Staat durch die Besetzung politischer Ämter zu vereinnahmen und schrecken dabei auch vor illegitimen Mitteln (Korruption) nicht zurück. Der Autor untersucht, welchen Einfluss nicht-staatliche Akteure auf die Wirtschaftspolitik post-sozialistischer Staaten ausüben und in welchen Fällen hierdurch politische Entscheidungsfindungen behindert werden bzw. Reformblockaden entstehen. Unter Anwendung des akteurszentrierten Institutionalismus werden vergleichend drei Politikfeldnetzwerke (Agrarpolitik, Kohlepolitik, Privatisierungsauktionen) in Polen, Russland und der Ukraine analysiert. Deutlich wird, wie stark sich Organisationsform und Strategien der Einflussnahme je nach Politikfeld unterscheiden und wie dynamisch sich die Beziehungen zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren seit Beginn der 90er-Jahre entwickelten. So setzten sich in Russland und der Ukraine staatliche Akteure seitdem immer mehr durch und es ließ sich nur für kurze Zeit eine Dominanz von Interessengruppen verwirklichen. Erfolgreich waren nicht-staatliche Akteure wie Agrarparteien, Bergarbeitergewerkschaften oder Finanzholdings insbesondere dann, wenn sich zu einer starken oder mittelmäßigen eigenen Netzwerk- oder Vetoposition kooperative und aus politischen Gründen reformunwillige staatliche Akteure gesellten. Insgesamt ist daher zu konstatieren, dass Reformblockaden vor allem ein Problem unterentwickelter post-sozialistischer Staatlichkeit darstellen; die mit strukturellen Lücken noch zu viele Ansatzpunkte für „state-capture“ bietet.
André Härtel (ANH)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 2.262 | 2.61 | 2.62 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: André Härtel, Rezension zu: Heiko Pleines: Reformblockaden in der Wirtschaftspolitik. Wiesbaden: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28163-reformblockaden-in-der-wirtschaftspolitik_33114, veröffentlicht am 09.04.2008. Buch-Nr.: 33114 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken