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Sahra Wagenknecht

Reichtum ohne Gier. Wie wir uns vor dem Kapitalismus retten

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2016; 292 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-593-50516-9
„Gesellschaften sind umso reicher, je besser sie ihre kreativen und intellektuellen Potentiale nutzen“ (148). Allein, die derzeitige Wirtschaftsordnung verhindere, dass wir unsere Möglichkeiten ausschöpfen, meint Sahra Wagenknecht. Aus Gründen ökonomischer Vernunft und nicht bloß als pädagogischer Appell an Gerechtigkeit und Solidarität argumentiert sie deshalb für eine neue Wirtschaftsordnung, die den neoliberal radikalisierten Kapitalismus überwindet. Es seien nämlich „die Strukturen der kapitalistischen Wirtschaft selbst, die uns daran hindern, den technologischen Fortschritt zu unser aller Wohl zu nutzen“ (168). Anhand zahlreicher Beispiele erläutert Wagenknecht, wie ein System, in dem nur die schnelle Rendite zählt, Innovation und damit das gute Leben für alle verunmöglicht. Denn wie kann es sein, dass unsere Mobilität noch immer hauptsächlich auf dem umweltschädlichen Verbrennungsmotor – immerhin eine Erfindung des 19. Jahrhunderts – beruht? Dass bloß 88 Minuten Sonnenstrahlen reichen würden, um den Energiebedarf der gesamten Menschheit für ein Jahr zu decken, wir aber mit der Weiterentwicklung von Solarenergie auf der Stelle treten? Die Autorin rückt einige Kapitalismusmythen und Glaubenssätze über Reichtum zurecht (etwa Tellerwäscherlegenden, durch Sparen reich zu werden etc.) und stellt die grundlegende Frage: „Warum akzeptieren wir ein Leben, das deutlich schlechter ist, als es mit den heutigen Möglichkeiten bei einigermaßen gerechter Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums sein könnte?“ (13) Wagenknecht bleibt Antworten nicht schuldig. Sie entwirft eine neue Wirtschaftsordnung, in der „arbeitssparender Fortschritt“ (165) Raum für Innovation schafft, indem Eigentum neu gedacht wird, etwa die Umwandlung von Kapital‑ in Mitarbeitergesellschaften, oder Geld als öffentliches Gut angesehen wird, was eine systemische Neuverortung von Banken bedeuten müsste. Wagenknecht hat bei ihren Überlegungen stets die Menschenwürde im Blick, der die kapitalistische Weltordnung keinesfalls gerecht werden könne. Wenn sie eine neue Ordnung fordert und in Ansätzen entwirft, dann vor allem, um die Zumutungen und Demütigungen, die Arbeitslosigkeit, Armut und Verlust an sozialer Teilhabe mit sich bringen, nicht länger zu akzeptieren.
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Rubrizierung: 2.222.2622.32.3423.54.432.612.64 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Sahra Wagenknecht: Reichtum ohne Gier. Frankfurt a. M./New York: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39865-reichtum-ohne-gier_48431, veröffentlicht am 28.07.2016. Buch-Nr.: 48431 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken