„Der Tod des Marat“, das berühmte Gemälde von Jacques‑Louis David, ziert sehr auffällig den Umschlag dieses Sammelbandes. Denn das Bild aus dem Jahr 1793 wurde zum Zweck der Propaganda angefertigt, für die Anliegen der Französischen Revolution und der Ersten Republik Frankreichs. Es ist wohl so, wie Jürgen Wertheimer in seinem Beitrag schreibt: „Die Republik ist von Beginn an genötigt sich darzustellen.“ (37) Nicht nur Monarchien oder totalitäre Systeme sind auf Mittel der Selbstinszenierung angewiesen. Die „Kunst der Republik“ ist dabei aber nur einer von vielen Aspekten des Republikbegriffes, der im Sammelband diskutiert wird. Als sechster Teil der Reihe „Wertewelten“ wird von den Herausgebern der Anspruch erhoben, das Konzept der Republik mit möglichst unterschiedlichen Wertesystemen zu betrachten und diese Ansichten wertfrei nebeneinanderzustellen. Die Beiträge kommen in diesem Sinne beispielsweise von Fawzi Boubia, der über den Arabischen Frühling und die von ihm so genannte „Irhalokratie“ schreibt, oder von Chetana Nagavajara, der Fallstudien aus Thailand bearbeitet. Es ist ein Ansatz, der von Beginn an sehr fruchtbar scheint: Anstatt sich auf eine Definition des Begriffes „Republik“ einigen zu wollen, akzeptiert man dessen Vielschichtigkeit und multiple Ausgestaltung. Auch die mitwirkenden Autoren kommen aus verschiedenen Feldern, was die Texte im Vergleich zueinander sehr unterschiedlich macht: mal journalistisch und freier geschrieben, mal strenger wissenschaftlich. Es fällt daher schwer, eine allgemeine Aussage über den Inhalt des Sammelbandes zu treffen. Einige Gedankengänge sind von vornherein nachvollziehbar und schlüssig, in einem anderen Text erscheinen schon die Begriffsdefinitionen als mangelhaft oder unzugänglich. Jedem Leser mag es hierbei subjektiv anders ergehen. Zum Nachdenken regen die Aufsätze dennoch allesamt an, ebenso zum Weiterdenken und vermutlich auch zum Einfühlen in die Funktionsweise eines anderen Wertesystems. Damit wäre der Bogen zur Aufgabenstellung der Herausgeber schließlich auch wieder geschlagen.