Skip to main content
Thomas Wagner

Robokratie. Google, das Silicon-Valley und der Mensch als Auslaufmodell

Köln: PapyRossa Verlag 2015; 177 S.; 13,90 €; ISBN 978-3-89438-581-1
Robokratie – das ist nach Ansicht des Autors die Gefahr der Ablösung des Menschen „durch eine Zivilisation intelligenter Maschinenwesen“ (20). Was zunächst wie eine Idee aus einem Science‑Fiction‑Roman klingt, ist heute, so sein beunruhigendes Zeugnis, bereits mehr denn je Realität. Die Singularität, also „jenes Stadium der Evolution […], in der eine den Menschen haushoch überlegene künstliche Intelligenz ein Eigenleben zu führen beginnt“ (12), stehe knapp bevor. Was bedeutet dies für die politische Ordnung? Der Autor gewährt in seinem hochaktuellen Buch einen Einblick in die Ideologie und Denkweise führender Vertreter des Silicon Valley, die bereits im alltäglichen Leben – via Smartphone, Suchmaschinenalgorithmen, Big Data – einen erheblichen Einfluss ausüben. Dabei zeigt er auf, dass hier eine Elite am Werke ist, die alle Weltprobleme mittels Technologisierung für lösbar hält. „Sie planen schwimmende Inselstaaten und die Besiedlung fremder Planeten, hoffen auf die Verschmelzung des Menschen mit der Maschine und träumen von der Unsterblichkeit in der Cloud“ (18). Hiermit verbunden sind ökonomische Profitinteressen und eine Ablehnung jeglichen staatlichen Einflusses: Genau wie im Falle der Marktwirtschaft ist die Selbstorganisation der Gesellschaft mittels Computern und elektronischer Medien jeder staatlichen Regulierung vorzuziehen. Diese Staatsfeindschaft ist Kern des Problems, wie Thomas Wagner erläutert. Wer braucht noch Herrschaft durch Menschen, die – anders als künstliche, selbstlernende Systeme, die ihre Informationen aus Daten generieren – irrationale und falsche Entscheidungen treffen können? Im Grunde werden der Staat als Garant der Ordnung und des demokratischen Interaktionsprozesses wie auch die Politik als obsolet angesehen. „In den Führungsetagen von Google, Amazon, Facebook und Co. ist man überzeugt, dass diese Unternehmen besser dazu geeignet sind, soziale Probleme zu lösen, als die herkömmlichen politischen Akteure.“ (144) Denn mittels Daten, Suchanfragen und Algorithmen lassen sich Probleme lösen, so die Überzeugung, bevor diese überhaupt entstehen. Diese Beschränkung des demos durch die Technologie und eine demokratiefeindliche, letztlich naiv‑diktatorische Weltsicht sind nach Ansicht von Wagner eindeutige Warnsignale, die ernst genommen werden müssen. Daher plädiert er dafür, die verschiedenen Entwicklungen der Konzerne transparenter zu machen und dem computergläubigen Posthumanismus eine entschiedene Absage zu erteilen: Ebenso wie der Mensch nicht zur Maschine werden darf, darf auch Demokratie nicht auf simple Beteiligung oder „Gefällt mir“‑Logik reduziert werden.
{FGI}
Rubrizierung: 2.22.22 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Thomas Wagner: Robokratie. Köln: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38673-robokratie_47040, veröffentlicht am 23.07.2015. Buch-Nr.: 47040 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken