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Norbert Eitelhuber

Russland im 21. Jahrhundert. Reif für eine multipolare Welt? Eine Analyse der strategischen Kultur Russlands und das daraus abgeleitete Erfordernis einer konfliktsensiblen Außen- und Sicherheitspolitik gegenüber Russland

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015 (Sicherheit in der multipolaren Welt 3); XX, 484 S.; geb., 79,95 €; ISBN 978-3-631-66946-4
Diss. HSU Hamburg. – Das heutige Russland ist auf dem besten Wege, an seinen alten Nimbus als Weltmacht anzuknüpfen. Das Land hat schwere politische wie ökonomische Krisen erlebt, der Transformationsprozess hat überlebt. An seiner Südflanke geben Despoten den Ton an (zum Beispiel in Tschetschenien). Den Zugang zum Schwarzen Meer und zum Chinesischen Meer prägen eingefrorene Konflikte (Georgien, Moldawien, Japan). Einzig die für die Kultur Russlands bedeutsame Tür nach Westen (Ostseeraum) bietet eine Alternative, wenn es um den Welthandel und die Modernisierung des Landes geht. Norbert Eitelhuber, derzeit an der Führungsakademie der Bundeswehr tätig, zeichnet so das Bild einer Führungsmacht, die einerseits mit dem Trauma der Ära Gorbatschow/Jelzin leben und sich andererseits im Wettbewerb einer multipolaren Welt zurechtfinden muss. Moskau war wie die EU lange von einer Modernisierungspartnerschaft auf Augenhöhe ausgegangen. Umso schwerer wiegen die Belastungen, die mit der Ukraine‑Krise überdeutlich werden. Viel zu lange wurde in den europäischen Hauptstädten wie auch in Washington vernachlässigt, so erläutert der Autor, dass sich im Umfeld von Präsident Putin mit dem Konzept der sogenannten Souveränen Demokratie eine eigenständige Denkschule herausbildet, die die Strategiemuster gegenüber der NATO wie auch der EU prägt. Für deren Protagonisten (etwa Wladislaw Surkow) birgt der Topos vom Haus Europa keine Zukunft, selbst wenn das moderne Russland Teil der europäischen Zivilisation ist. Die russische Identität birgt allerdings so manche Besonderheiten, die Eitelhuber mit großer Sorgfalt nachzeichnet. Nur unter dieser Voraussetzung ist der tiefe Riss zu verstehen, der sich zwischen Moskau und dem Westen auftut, sobald es um das Denken in Einflusssphären geht. Moskau geht ganz selbstverständlich von einem Alleinvertretungsanspruch gegenüber den GUS‑Staaten aus und begreift das Vorrücken der NATO als militärische beziehungsweise die Erweiterung der EU zunehmend als ökonomische Herausforderung. Daher legt der Autor sein besonderes Augenmerk auf die strategische Kultur Russlands und warnt völlig zu Recht vor einer Entfremdung, die für Moskau wie auch den Westen nur Nachteile zeitigen kann.
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Rubrizierung: 2.624.22 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Norbert Eitelhuber: Russland im 21. Jahrhundert. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39311-russland-im-21-jahrhundert_47668, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 47668 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken