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Wolfgang Sender

Russland und die Wahlbeobachtungen der OSZE. Eine empirische Studie zu den Ursachen des Widerstands der Putin-Administration gegen das ODIHR

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012; 445 S.; 67,80 €; ISBN 978-3-631-63585-8
Politikwiss. Diss. FU Berlin; Begutachtung: M. Kerner, H.-H. Schröder. – Die Zukunft der Wahlbeobachtung durch die OSZE stehe zur Disposition, schreibt Sender, der selbst praktische Erfahrungen als Wahlbeobachter gesammelt hat. Anlass für diese Einschätzung ist, dass Russland zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2007 und 2008 keine Wahlbeobachter der OSZE (genauer: des zuständigen ODHIR, Office for Democratic Institutions and Human Rights) einlud – die Präsidentschaftswahlen von 2012, zu der allerdings wieder eine Beobachtermission gesandt wurde, ist in dieser Studie nicht mehr erfasst. Trotz dieser jüngeren Entwicklung bleibt das von Sender untersuchte Thema relevant: die Politik der russischen Regierung unter Putin gegenüber den Wahlbeobachtungen und der OSZE, verstanden als Teilbereich der russischen Außenpolitik. Da dieser Bereich eine Vorgeschichte hat, beginnt Sender mit einer Untersuchung des Verhältnisses der Sowjetunion zur KSZE, der Vorläuferin der OSZE. Sein wichtigstes Zwischenfazit hierzu erweist sich für die Untersuchung der Zeit nach 1991 als wegweisend: Der Kreml versuchte, „die KSZE/OSZE traditionell vor allem als Instrument zur Befriedigung seiner eigenen unmittelbaren sicherheitspolitischen Interessen zu nutzen“ (107). Zugeständnisse in Menschenrechtsfragen waren demnach seit jeher nur Mittel zum Zweck. Sender stellt dann das Verhalten der Regierung unter Putin im Einzelnen dar und verbindet dieses mit außen- wie innenpolitischen Kontexten. Es zeigt sich, dass sich die Hoffnungen Russlands, die OSZE könne ein starkes Instrument werden und zugleich der eigenen Position dienen, angesichts der zunehmenden Bedeutung von EU und NATO nach dem Ende des Kalten Krieges schnell verflüchtigten. Damit sank aber auch das Interesse an einer Kooperation, zumal man nichts unternehmen wollte, was die Position der westlichen Staaten weiter hätte stärken können – und sei es durch eine (kritische) Wahlbeobachtung, die zudem als Mittel der externen Demokratieförderung auf immer stärkere Ablehnung stieß. Ohne eine freiwillige Zusammenarbeit aber ist es wirkungslos. Seine Schlussfolgerungen fasst Sender daher mit den Schlagworten „Schönwetterinstrument, strukturelle Veraltung und fehlende politische Bedeutung“ zusammen. Damit stellt er „einem der ursprünglich fortschrittlichsten Instrumente der Demokratieförderung in den Internationalen Beziehungen 20 Jahre nach seiner Einführung ein ernüchterndes Zeugnis aus“ (329).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.624.32.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Wolfgang Sender: Russland und die Wahlbeobachtungen der OSZE. Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35324-russland-und-die-wahlbeobachtungen-der-osze_42544, veröffentlicht am 20.09.2012. Buch-Nr.: 42544 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken