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Markus Soldner

Rußlands Cecnja-Politik seit 1993. Der Weg in den Krieg vor dem Hintergrund innenpolitischer Machtverschiebungen

Hamburg: Lit 1999 (Osteuropa: Geschichte, Wirtschaft, Politik 19); 259 S.; brosch., 39,80 DM; ISBN 3-8258-3637-1
Soldner stellt in seiner Arbeit die These auf, dass der erste russisch-tschetschenische Konflikt vor allem durch ein Zusammenwirken verschiedener struktureller Defizite zu erklären ist. Als Strukturdefizite versteht Soldner dabei zum einen bestimmte verfassungstechnische Regelungen - so etwa das Verhältnis von Präsident, Regierung und Parlament - und zum anderen den Einfluss, den einzelne politische und wirtschaftliche Eliten auf den Willensbildungsprozess ausüben. Konsequent und überzeugend untermauert Soldner diese These. In einem ersten Schritt werden zunächst die angesprochenen Bedingungsfaktoren beziehungsweise strukturellen Defizite analysiert, um dann in einem zweiten Schritt die Entwicklung des politischen Systems seit 1993 darzulegen. Im Anschluss daran beschreibt Soldner die Politik Moskaus gegenüber der Nordkaukasus-Republik. Die eingangs aufgestellte These sieht Soldner am Ende der Arbeit bestätigt. Der Krieg gegen Tschetschenien sei in hohem Maße das Ergebnis der seit der Jahreswende 1993/94 verstärkt hervortretenden Tendenz einer autoritären Präsidialherrschaft, bei der sich der Präsident Jelzin in zunehmendem Maße auf die bewaffneten Staatsorgane, die Geheimdienste und einzelne Interessengruppen gestützt habe. Wie die politische Entwicklung mittlerweile gezeigt hat, liegt der Autor auch mit seinem Ausblick auf die mögliche weitere Entwicklung nicht ganz verkehrt. Die Wiederholung eines solchen Vorgehens - d. h. eines zweiten Krieges - könne, so der Autor, "nicht ganz ausgeschlossen werden" (222). Inhalt: I. Einführung. II. Eliten im post-sowjetischen Rußland: 1. Das Startkapital aus sowjetischer Zeit; 2. Die Kontinuität der Eliten; 3. "Staatslobbyismus" - die etwas andere Politikverflechtung. III. Verfassungsrechtliche und institutionelle Grundlagen: 1. Die Organe der neuen rußländischen Verfassung; 2. Sonstige Institutionen; 3. Fazit. IV. Innenpolitische Entwicklungsprozesse seit Ende 1993: 1. Phase 1: Der Ausbau der Machtstellung des Präsidenten; 2. Phase 2: Die präsidentielle Konsensstrategie; 3. Phase 3: Machtkrise und Übermacht der "Falken"; 4. Fazit: Unklare Entscheidungsstrukturen und autoritäre Tendenzen. V. Die Vorgeschichte des Krieges in Čečnja: 1. Phase 1: Tolerierung der Sezession Čečnjas bis Ende 1993; 2. Phase 2: Stetige Bedeutungszunahme des Themas Čečnja; 3. Phase 3: Massive Unterstützung der čečenischen Opposition; 4. Fazit. VI. Die Entscheidung zur Invasion: 1. Beteiligte Personen und Institutionen; 2. Die offizielle Begründung; 3. Die entscheidenden Motive; 4. Die Zeit zwischen Invasionsentscheidung und Einmarsch. VII. Der Kriegsverlauf und die Beendigung des Krieges: 1. Die ersten Kriegsmonate; 2. Die Geiselnahme von Budennovsk: Černomyrdin ergreift die Initiative; 3. Der Krieg vor dem Hintergrund der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen; 4. Die Beendigung des Krieges. VIII. Resümee.
Sven Christian Singhofen (SCS)
M. A., Doktorand, Institut für Sozialwissenschaft (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.62 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Sven Christian Singhofen, Rezension zu: Markus Soldner: Rußlands Cecnja-Politik seit 1993. Hamburg: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/7820-russlands-cecnja-politik-seit-1993_10371, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 10371 Rezension drucken