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Ulrike Freitag (Hrsg.)

Saudi-Arabien. Ein Königreich im Wandel?

Paderborn u. a.: Ferdinand Schöningh 2010; 322 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-506-76932-9
Die Autoren fragen, wieweit sich Saudi Arabien in den vergangenen Jahren verändert hat und sich künftig verändern kann. Stefan Maneval untersucht dazu die liberale Reformbewegung anhand einer Reformpetition, die, 2007 offiziell eingereicht, auch im Ausland Aufmerksamkeit erregte. Die Petition enthält unter anderem Reformvorschläge für den Bereich der Justiz und empfiehlt eine Zulassung zivilgesellschaftlicher Gruppen, ein Vorschlag, der bisher in Saudi Arabien nicht gewagt wurde. Die tatsächlichen strukturellen Änderungen seien bisher zwar gering ausgefallen, so Maneval, aber dennoch seien Weichenstellungen erkennbar, die eine zaghafte Öffnung hin zu einer breiteren Beteiligung der Bevölkerung am politischen Prozess erkennbar werden ließen. Die Petition sei daher als richtungsweisend zu beurteilen. Eine Beteiligung am politischen Prozess oder auch nur die Integration in die Zivilgesellschaft wird hingegen Arbeitsmigranten konsequent verwehrt. Philipp Dehne zeigt, wie wenig die gegenseitige ökonomische Abhängigkeit von Arbeitsmigranten und einheimischer Bevölkerung zu einer gegenseitigen Annäherung geführt hat. Im Gegenteil seien immer wieder Übergriffe zum Beispiel auf ausländische Hausangestellte zu beklagen. Die Brisanz des Themas Migration werde sich in Zukunft durch die zunehmende Arbeitslosigkeit und einen dadurch entstehenden Stresstest für die soziale Sicherung weiterhin steigern. Alleine diese Konstellation werde eine Weiterentwicklung dieses Politikbereichs dringend notwendig machen – Dehne spricht hier von der Unmöglichkeit, dieses Thema zu ignorieren. Ein weiterer Keil, der das geordnete Gefüge saudi-arabischer Politik und Gesellschaft auseinandertreiben werde, sei, so Said Khalid Scharaf, die neue und unabhängige Bourgeoisie. Eher leistungsorientiert und weniger durch die Partizipation an Renten getrieben, habe sich diese Bourgeoisie zu einem unabhängigen und einflussreichen Machtfaktor entwickelt. Ihre konservative Prägung führe dazu, dass sich ökonomische und politische Eliten vermischten, weshalb höchstens eine graduelle Demokratisierung zu beobachten sein werde. Den Autoren ist mit diesem Band ein guter Überblick über aktuelle Entwicklungen in Saudi-Arabien gelungen, der auch einen breiteren Leserkreis interessieren könnte.
Jens Wassenhoven (JWN)
Dipl.-Kfm., Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.63 | 2.22 | 2.23 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Jens Wassenhoven, Rezension zu: Ulrike Freitag (Hrsg.): Saudi-Arabien. Paderborn u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33324-saudi-arabien_39855, veröffentlicht am 01.03.2011. Buch-Nr.: 39855 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken