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Jacques Derrida

Schurken. Zwei Essays über die Vernunft. Aus dem Französischen von Horst Brühmann

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2003; 219 S.; geb., 24,90 €; ISBN 3-518-58373-5
Was genau soll das eigentlich sein, ein „Schurkenstaat"? Viel wichtiger noch: Wer bestimmt eigentlich, welchem Staat diese Charakterisierung zukommen soll? In zwei aus Vorträgen entstandenen Essays analysiert Derrida einmal mehr die komplexe Beziehung zwischen Macht und Recht. Der hauptsächlich von der US-Administration verwendete Begriff „Schurkenstaat" dient ihm dabei nur als Ausgangspunkt einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit dem Konstrukt der staatlichen Souveränität und den Bedingungen von Demokratie. Es gebe keine souveräne Macht, auch keine souveräne Demokratie, ohne Machtmissbrauch, so eine der zentralen Thesen. Auch die Nähe von sprachlicher Definitionsmacht und politischer Willkür wird analysiert. Auf die Frage, wie man mit dem Begriff „Schurkenstaat" umgehen sollte, findet der Autor im Ergebnis eine eindeutige Antwort. Ihn gar nicht erst zu verwenden sei das Beste, denn letztlich gebe es keinen souveränen Staat, die USA und andere westliche Demokratien eingeschlossen, der sich nicht über geltendes internationales Recht oder allgemein anerkannte Normen hinwegsetze. Die von Derrida weitaus ausführlicher diskutierten, ungleich komplexeren Fragen nach der Bedeutung von Souveränität und der Möglichkeit von Demokratie werden mit einem Konzept der Entkopplung von Macht und Recht beantwortet. In dem für ihn charakteristischen eloquenten Stil und mit analytischer Brillanz zeigt Derrida einmal mehr, dass seine Philosophie keineswegs apolitisch ist und wichtige Beiträge zu aktuellen und brisanten Diskussionen über Weltpolitik leisten kann. Aus dem Inhalt: I. Das Recht des Stärkeren (Gibt es Schurkenstaaten?) 1. Freilauf 2. Zügellosigkeit und Freilauf: der Roué 3. Das Andere der Demokratie, der regelmäßige Wechsel: Alternative und Alternanz 4. Herrschaft und Metrik 5. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder Wie nicht sinnsfrechen 6. Der Schurke, der ich bin 7. Gott, was darf man nicht sagen? Und in welcher kommenden Sprache? 8. Der letzte der Schurkenstaaten: Die „kommende Demokratie", zum Öffnen zweimal drehen 9. Mehr Schurkenstaaten, keine Schurkenstaaten mehr 10. Sendung II. Die „Welt" der kommenden Aufklärung (Ausnahme, Kalkül und Souveränität) 1. Teleologie und Architektonik: Die Neutralisierung des Ereignisses 2. Ankommen - an den Grenzen des Staates (und des Krieges und des Weltkriegs)
Mathias Rauch (MR)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Wirtschaftspolitik, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 5.41 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Mathias Rauch, Rezension zu: Jacques Derrida: Schurken. Frankfurt a. M.: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/20100-schurken_23410, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 23410 Rezension drucken