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Gabriella Schubert (Hrsg.)

Serbien in Europa. Leitbilder der Moderne in der Diskussion

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2008 (Forschungen zu Südosteuropa 3); 162 S.; brosch., 38,- €; ISBN 978-3-447-05849-0
Die serbische Gesellschaft ist gespalten: Ein prowestlicher Flügel hält eine positive Zukunft für das Land nur im Rahmen einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union für möglich. Ihm steht ein antiwestlicher Flügel gegenüber, der eine nach Russland ausgerichtete Orientierung bevorzugt und davon überzeugt ist, dass die Serben in ihrer kulturellen Prägung eher zum Osten als zum Westen gehören. „Eine gespaltene Orientierung, ein Hin-und-her-Geworfensein zwischen Ost und West scheint serbisches Denken und Fühlen zu bewegen.“ (3) In diesem von der Jenaer Slawistin und Balkanologin Schubert herausgegebenen Band wird gefragt, welche Rolle dabei tradierte Kulturmuster, religiöse Orientierung, politische, soziale und kulturelle Prozesse spielen. Angesprochen wird die Frage nach den Quellen und der Substanz spezifisch-serbischer Wertekodizes und Leitbilder – sie haben ihre Ursprünge teils in der Osmanenzeit, teils im Mittelalter – im Vergleich zu westeuropäischen Paradigmen der Moderne. Verdeutlicht wird die Funktion traditioneller Kulturmuster für das kulturelle Gedächtnis und für das gegenwärtige Handeln der Menschen. Zu den tradierten „mentalen“ Konzepten auf dem Balkan gehörten „Kollektivität und Gruppensolidarität, Männerorientiertheit und andere, das patriarchalische Milieu der osmanisch beherrschten balkanischen Gesellschaften bestimmende Verhaltensweisen“, so die Herausgeberin. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende „Entosmanisierung“/Europäisierung habe nur zu einer oberflächlichen Übernahme europäischer Vorbilder und Symbole geführt, ohne dass die tiefer liegenden Wertesysteme geändert worden wären, die noch heute im öffentlichen und privaten Leben Serbiens wirksam seien, berichtet Schubert. Hierzu zählten u. a. „Klientelismus, Populismus und Rückwärtsgewandtheit“ (4). In den Beiträgen zur Relevanz von religiösen Leitbildern für die Gegenwart geht es vor allem um die Bedeutung der Zugehörigkeit zur Orthodoxie für die nationale Identität der Serben und die gesellschaftliche Funktion der Serbisch-Orthodoxen Kirche heute.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Gabriella Schubert (Hrsg.): Serbien in Europa. Wiesbaden: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30184-serbien-in-europa_35790, veröffentlicht am 31.03.2009. Buch-Nr.: 35790 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken