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Frank Dietrich

Sezession und Demokratie. Eine philosophische Untersuchung

Berlin: Walter de Gruyter 2010 (Ideen & Argumente); X, 460 S.; 64,95 €; ISBN 978-3-11-022256-2
Philosophische Habilitationsschrift Leipzig; Gutachter: W. Hinsch, W. Lübbe, R. Zimmerling. – Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Flamen, Wallonen und Deutschsprachigen im Nachbarland Belgien ist seit langem ein Beispiel für separatistische Bestrebungen, mit denen sich selbst demokratische Staaten konfrontiert sehen, die weitreichende regionale Selbstbestimmungsrechte einräumen. Wenn es um die Theorie der Sezession am Schnittpunkt von Politikwissenschaft und Philosophie geht, konnte Allen Buchanan ein Monografie-Monopol für sich verbuchen, das dank des Beitrags von Frank Dietrich der Vergangenheit angehört. Sein Ziel ist es, die Bedingungen aufzuzeigen, unter denen die Sezession von einem demokratischen Staat als moralisch legitim gelten kann. Dass Sezession überhaupt unter bestimmten Bedingungen gerechtfertigt ist, wird in der gegenwärtigen Diskussion so gut wie nicht angezweifelt, auch wenn tatsächlich Demokratien Unabhängigkeitsforderungen nicht anerkennen. Die Ausführungen erfolgen unter Einschränkung auf moderne Demokratien. Insofern zielen die Überlegungen im zweiten Kapitel zum Völkerrecht vor allem auf eine Klärung des Verhältnisses von moralischen und rechtlichen Normen; einen Anspruch auf völkerrechtliche Schlussfolgerungen erhebt das Buch nicht. Die folgenden drei Kapitel bilden die Einteilung von Buchanan in erstens „Remedial right theories“, zweitens kollektivistische sowie drittens individualistische „Primary right theories“ ab. Der Autor argumentiert deutlich für ein individuelles Freiheitsrecht auf Sezession, das auch hinsichtlich der schwierigen Frage territorialen Eigentums abgesichert wird. Dieses Recht wird auf die verschiedensten Bedingungen eingeschränkt, so z. B. auf die Übernahme eines angemessenen Teils der Staatsschulden. Im letzten Kapitel geht es Dietrich darum, mögliche Einwände gegen ein solches moralisches Recht, die sich an anderer Stelle (z. B. bei der Ökonomie) in der Konsequenz von Sezessionen ergeben könnten, zu entkräften. Gerade solche Überlegungen bedürften freilich empirischer Anreicherungen. Leider fehlen den Ausführungen ein Schluss und jedwede Zusammenfassung.
Guido Koch (GK)
Dr., Politikwissenschaftler, Qualitätsmanagment, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften.
Rubrizierung: 5.41 | 5.42 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Guido Koch, Rezension zu: Frank Dietrich: Sezession und Demokratie. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32173-sezession-und-demokratie_38372, veröffentlicht am 19.11.2010. Buch-Nr.: 38372 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken