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Margarete Jäger / Heiko Kauffmann (Hrsg.)

Skandal und doch normal. Impulse für eine antirassistische Praxis

Münster: Unrast 2012 (Edition DISS 31); 257 S.; 24,- €; ISBN 978-3-89771-760-2
Rassismus sei längst kein manifestes Problem mehr, wird vielfach konstatiert – jedoch reicht schon ein kurzer Blick, um sich eines Besseren belehren zu lassen. Statt sich einfach in multikulturellem Wohlgefallen aufgelöst zu haben, sind rassistische Denkmuster und entsprechende institutionelle Arrangements immer noch wirkmächtige Realität, auch wenn sie sich kulturalisiert haben oder auf soziale Aspekte abzielen. Dem entgegen versammelt der Band Impulse für die Analyse von Rassismus und eine Praxis dagegen. In vier großen Teilen wird den offenkundig rassistischen, aber auch subtilen Spielarten nachgespürt. Die Formen institutioneller Verfestigung von Rassismus lassen sich demnach sowohl an den europäischen Außengrenzen und der entsprechenden Flüchtlingspolitik (Karl Kopp) als auch in innerdeutschen Politiken – von der Flüchtlings‑ bis zur Bildungspolitik – finden (Albert Riedelsheimer) und, wie Heiko Kaufmann beschreibt, an ganz konkreten Schicksalen nachzeichnen. Aber Rassismus als „Ausschließungspraxis gewinnt […] Nachhaltigkeit durch Verknüpfung mit anderen Exklusionsmechanismen“ (97), wie zum Beispiel durch die diskursive Verschränkung mit einer „Unterschichtendebatte“ (Sebastian Friedrich) oder sexistischen Motiven (Sara Madjlessi‑Roudi). Die Analysen solcher Wirkmechanismen lassen den Blick im dritten Teil auf die Reproduktions‑ und Vermittlungsformen von Rassismus fallen. Dabei werden rechtspopulistische Agitationen aus Österreich oder den Niederlanden (Sebastian Reinfeldt) ebenso ausgeleuchtet wie antimuslimische Diskurse (Yasemin Shooman), in denen „das jüdisch‑christliche Abendland in Abgrenzung zum Islam beschworen [wird]“ (162). Schließlich wird im letzten Teil eine Bestandsaufnahme antirassistischer Forschung vorgenommen, um auf diesem Wege Perspektiven für die fruchtbare Weiterentwicklung zu deuten. Susan Arndt beispielsweise arbeitet koloniale Rückstände auf – in Anerkennung, dass „Rassismus strukturell und diskursiv so wirkmächtig [ist], weil eben dieses Erbe systemisch verleugnet wird“ (221). Insgesamt entsteht so ein erschreckend breites Panorama an rassistisch kontaminierten Alltags‑ und Lebensverhältnissen. Die Autoren wollen aber keine Ohnmacht hinterlassen oder nur den Zeigefinger erheben, sondern zum konsequenten Widerspruch ermutigen.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.36 | 2.37 | 2.61 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Margarete Jäger / Heiko Kauffmann (Hrsg.): Skandal und doch normal. Münster: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9239-skandal-und-doch-normal_43206, veröffentlicht am 21.02.2013. Buch-Nr.: 43206 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken