Michels (1876-1936) gilt als einer der Pioniere der deutschen Soziologie. Bekannt wurde er für die Formulierung des ehernen Gesetzes der Oligarchie in seinem Buch über die Soziologie des Parteiwesens. Politisch gilt Michels als typischer Vertreter jener Intellektuellen, die nach dem Ersten Weltkrieg den Schwenk von der Sozialdemokratie zum Faschismus vollzogen. Der Herausgeber des Buches Genett stellt Michels in seinem umfangreichen Einleitungsaufsatz in einer wesentlich über die genannten Urteile hinausgehenden Weise präzise und informativ vor. Dass Michels neben der Parteisoziologie auf weiteren Feldern fruchtbar tätig war, davon legen zudem die versammelten Aufsätze Zeugnis ab. Sie zeigen Michels als frühen Theoretiker sozialer Bewegungen. Dabei macht er sich einen dreidimensionalen Bewegungsbegriff zu eigen, der zwischen ökonomischen, sexuellen und nationalen Emanzipationsbestrebungen unterscheidet. Zu allen drei Arten sozialer Bewegungen publizierte Michels und in allen drei Richtungen war er mehr oder weniger stark selbst engagiert. Unter den durchweg interessanten Aufsätzen scheint der über „Die deutsche Sozialdemokratie im internationalen Verbande“ (135-197) aus dem Jahre 1907 in besonderer Weise bemerkenswert. Michels wirft im weiteren Vorfeld des Weltkrieges einen äußerst kritischen Blick auf die deutsche Sozialdemokratie jener Tage. Indem sich die SPD aufgrund ihrer organisatorischen Erfolge immer stärker in das deutsche Staatsleben integriere, werde sie zur Gehilfin des preußisch-deutschen Militarismus. Der dieser Diagnose zugrunde liegende Sachverhalt und die daraus resultierende Spaltung der Linken beschäftigt die Sozialdemokratie bis heute.